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Dokument-Nr. 34913

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Bundesgerichtshof Beschluss18.03.2025

Bundes­kar­tellamt darf Apple schärfer kontrollierenBundes­ge­richtshof bestätigt Apples überragende markt­über­greifende Bedeutung für den Wettbewerb

Der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Feststellung des Bundes­kar­tellamts bestätigt, dass Apple eine überragende markt­über­greifende Bedeutung für den Wettbewerb hat. Er hat damit zum zweiten Mal über eine Beschwerde gegen eine Feststellung nach § 19 a Abs. 1 GWB entschieden.

Die Regelung des § 19 a GWB, die der Modernisierung und Stärkung der wettbe­wer­bs­recht­lichen Missbrauchs­aufsicht dient, sieht ein zweistufiges Verfahren vor. Danach kann das Bundes­kar­tellamt in einem ersten Schritt die überragende markt­über­greifende Bedeutung des Unternehmens für den Wettbewerb feststellen (§ 19 a Abs. 1 GWB) und dem betroffenen Unternehmen in einem zweiten Schritt bestimmte Verhal­tens­weisen untersagen (§ 19 a Abs. 2 GWB).

Sachverhalt

Apple ist ein US-amerikanisches Techno­lo­gie­un­ter­nehmen, das insbesondere Computer und Smartphones mit dazugehörigen Betrie­bs­systemen sowie Anwen­dungs­software und Unter­hal­tungs­elek­tronik entwickelt und weltweit vertreibt. Mit einer Börsen­ka­pi­ta­li­sierung von über 3 Billionen USD ist Apple das wertvollste Unternehmen der Welt. Im Geschäftsjahr 2022 lagen der Umsatz des Konzerns bei 394,3 Mrd USD, der Gewinn bei knapp 95 Mrd USD und die liquiden Mittel bei mehr als 180 Mrd USD. Apple beschäftigt rund 150.000 Mitarbeiter und hat in den letzten zehn Jahren weit mehr als 50 Unternehmen übernommen. Zu den von Apple produzierten und vertriebenen Hardwa­re­pro­dukten gehören insbesondere das iPhone, das iPad, die Mac-Computer und verschiedene Wearables wie die Apple Watch. Mit dem iPhone erzielt der Konzern über die Hälfte seines Umsatzes. Seit der Markteinführung 2007 bis 2021 wurden weltweit mehr als 2 Mrd iPhones verkauft, etwa die Hälfte davon zwischen 2017 und 2021. Für seine Hardware-Produkte hat Apple anderen Geräte­her­stellern nicht zugängliche und damit "proprietäre" Betriebssysteme entwickelt, die auf den Geräten vorinstalliert und für deren Nutzung grundsätzlich unverzichtbar sind. Desweiteren stellt Apple den Nutzern seiner Geräte eine Vielzahl selbst­ent­wi­ckelter und in der Regel vorin­sta­l­lierter Softwa­re­produkte zur Verfügung. Zudem betreibt Apple den auf den Endgeräten vorin­sta­l­lierten Apple App Store, die zentrale digitale Vertrie­bs­in­fra­s­truktur für von Dritten entwickelte Anwen­dungs­software, und bietet verschiedene Online-Dienste an, unter anderem den Musik-Streamingdienst Apple Music, den Video-Streamingdienst Apple TV+ und den Bezahldienst Apple Pay.

Das Bundes­kar­tellamt hat mit Beschluss vom 3. April 2023 (B 9-67/21) festgestellt, dass der Apple Inc. einschließlich aller mit ihr verbundenen Unternehmen (Apple) eine überragende markt­über­greifende Bedeutung für den Wettbewerb im Sinn des § 19 a Abs. 1 GWB zukommt. Die Feststellung ist auf fünf Jahre nach Eintritt der Bestandskraft befristet. Gegen diesen Beschluss haben die Apple Inc. und eine deutsche Konzern­ge­sell­schaft Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, den Beschluss aufzuheben.

Die Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs

Die Beschwerde, über die der Kartellsenat des Bundes­ge­richtshofs in erster und letzter Instanz zu entscheiden hatte (§ 73 Abs. 5 Nr. 1 GWB), hatte keinen Erfolg. Das Bundes­kar­tellamt hat zu Recht gemäß § 19 a Abs. 1 GWB festgestellt, dass Apple in erheblichem Umfang auf mehrseitigen Märkten im Sinn des § 18 Abs. 3a GWB tätig ist und dem Unternehmen eine überragende markt­über­greifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt.

Mit dem Betrieb des App Store und mit seinen mobilen Betrie­bs­systemen wie iOS für das iPhone und iPadOS für das iPad ist Apple in erheblichem Umfang auf mehrseitigen Märkten tätig. Mehrseitige Märkte im Sinn des § 18 Abs. 3a GWB sind nicht nur Plattformen, auf denen Geschäfts­ab­schlüsse zwischen verschiedenen Nutzergruppen stattfinden oder vermittelt werden. Es genügt, dass durch die Plattform die Aufmerksamkeit einer Nutzergruppe auf die andere gelenkt oder eine Interaktion zwischen unter­schied­lichen Nutzergruppen technisch ermöglicht wird. Der Umfang von Apples Tätigkeit auf solchen Plattformen ist auch erheblich. Im Geschäftsjahr 2020 waren im Apple App Store rund 1,7 Mio Apps verfügbar, die 2020 über 30 Mrd mal heruntergeladen wurden. Mit den im Apple App Store verfügbaren Apps und angebotenen Leistungen wurden im Jahr 2020 insgesamt mehr als 640 Mrd USD umgesetzt. Apple erzielte im Geschäftsjahr 2021 allein durch den App Store einen Nettoerlös von über 15 Mrd USD.

Apple kommt eine überragende markt­über­greifende Bedeutung für den Wettbewerb gemäß § 19 a Abs. 1 GWB zu. Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 23. April 2024 (KVB 56/22, BGHZ 240, 227 - Amazon) entschieden hat, muss für eine solche Feststellung weder eine konkrete Gefahr für den Wettbewerb bestehen oder dieser bereits beeinträchtigt sein, noch setzt sie voraus, dass das adressierte Unternehmen sein wettbe­werb­liches Potential ausnutzt. Die Norm will dem Bundes­kar­tellamt eine effektivere Kontrolle derjenigen großen Digital­un­ter­nehmen ermöglichen, deren Ressourcen und strategische Positionierung ihnen potentiell erlauben, erheblichen Einfluss auf die Geschäft­s­tä­tigkeit Dritter zu nehmen, den Wettbe­wer­b­sprozess zum eigenen Vorteil zu verfälschen sowie ihre bestehende Marktmacht auf immer neue Märkte und Sektoren zu übertragen. Daher reicht es aus, dass dem Unternehmen die strategischen und wettbe­werb­lichen Möglichkeiten offenstehen, deren abstraktes Gefähr­dungs­po­tential durch § 19 a Abs. 1 GWB adressiert wird. Das Bundes­kar­tellamt hat zutreffend festgestellt, dass Apple über solche strategischen und wettbe­werb­lichen Potentiale verfügt. Apple zählt zu den größten, umsatzstärksten und profitabelsten Unternehmen weltweit; ihm stehen außer­or­dentliche finanzielle und sonstige Ressourcen zur Verfügung. Ausgehend von seinen hochwertigen und hochpreisigen Hardwaregeräten, insbesondere dem iPhone, von denen weltweit mehr als eine Milliarde in Gebrauch sind und die beständig sehr hohe Absatzzahlen aufweisen, sowie den dafür entwickelten proprietären Betrie­bs­systemen erstreckt Apple seine geschäftlichen Aktivitäten in diverse weitere Bereiche. Die Produkte und Dienst­leis­tungen, die Apple den Nutzern seiner Geräte anbietet, sind in hohem Maß vertikal integriert und untereinander eng miteinander verbunden sowie in weiten Teilen den Nutzern von Apple-Geräten vorbehalten. Dies bildet die Grundlage für das - vom Unternehmen selbst so bezeichnete - "Apple-Ökosystem". Zwar ist davon auszugehen, dass Apple beispielsweise keinen Zugang zu Nutzerdaten hat, die nur auf den Geräten gespeichert oder verschlüsselt zwischen Geräten oder zwischen einem Gerät und der iCloud übertragen werden, da das Unternehmen darauf nach eigenen Angaben tatsächlich und rechtlich nicht zugreifen kann. Apple verfügt dennoch im Ergebnis über einen breiten und tiefen Zugang zu Daten. Das ergibt sich bereits aus der Daten­schutz­richtlinie des Unternehmens, wonach die Nutzer in vielen Fällen der Freigabe von Daten zustimmen müssen, wenn sie die Produkte und Dienste von Apple in bestimmter Weise nutzen wollen. Selbst unterstellt, dass nur ein geringer Teil der Nutzer eine solche Freigabe erteilt, bleiben wegen der großen weltweiten Nutzerbasis von Apple dem Unternehmen Daten in sehr großem Umfang zugänglich. Da Apples Tätigkeit große Bedeutung für den Zugang Dritter zu Beschaffungs- und Absatzmärkten hat, verfügt Apple über erheblichen Einfluss auf deren Geschäft­s­tä­tigkeit. So sind externe App-Entwickler und weitere Dritt­un­ter­nehmen auf Apples Unterstützung angewiesen, um Zugang zu der großen Zahl von Apple-Gerätenutzern zu erhalten. Verbunden mit der äußerst marktstarken Stellung des Konzerns in dem gesamt­wirt­schaftlich bedeutenden Bereich der Smartphones nebst Betriebssystem und Softwa­re­an­wen­dungen einschließlich App Store eröffnet dies Apple die von § 19 a Abs. 1 GWB adressierten wettbe­werb­lichen und strategischen Möglichkeiten.

Wie der Kartellsenat bereits entschieden hat (BGHZ 240, 227 - Amazon), stehen § 19 a Abs. 1 GWB und einer darauf beruhenden Feststel­lungs­ver­fügung weder verfassungs- noch unions­rechtliche Gründe entgegen. Die Feststellung der überragenden markt­über­grei­fenden Bedeutung Apples für den Wettbewerb nach § 19 a Abs. 1 GWB wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass Apple während des Beschwer­de­ver­fahrens mit seinen mobilen Betrie­bs­systemen und App Stores von der Europäischen Kommission als Torwächter gemäß Art. 3 Digital Markets Act (DMA) benannt wurde und in der Europäischen Union seit dem 7. März 2024 dessen Regelungen unterworfen ist. Es ist bisher nicht ersichtlich, dass darauf beruhende Veränderungen in Apples Geschäft­s­praktiken in einer für § 19 a Abs. 1 GWB relevanten Weise Stellung und Potentiale des Unternehmens im Wettbewerb verändert hätten. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union war auch vor dem Hintergrund neuerer Äußerungen in der Literatur nicht veranlasst.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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