18.10.2024
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Dokument-Nr. 4650

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Urteil22.03.2007BundesgerichtshofIX ZR 100/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AnwBl 2007, 458Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2007, Seite: 458
  • BB 2007, 1078Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2007, Seite: 1078
  • BRAK-Mitt 2007, 106Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2007, Seite: 106
  • FamRZ 2007, 1008Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2007, Seite: 1008
  • MDR 2007, 899Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2007, Seite: 899
  • NJ 2007, 311Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2007, Seite: 311
  • NJW 2007, 2047Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2007, Seite: 2047
  • Rpfleger 2007, 503Zeitschrift: Der Deutsche Rechtspfleger (Rpfleger), Jahrgang: 2007, Seite: 503
  • WM 2007, 1239Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2007, Seite: 1239
  • ZIP 2007, 885Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2007, Seite: 885
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil22.03.2007

Anwalt darf zum Gerichtstermin fliegen: BGH zu den Folgen, wenn der gebuchte Flug wegen Nebels ausfällt und der Gerichtstermin nicht rechtzeitig wahrgenommen werden kannWetter muss nur bei Schlecht­wet­terlage beobachtet werden

Zu einem weiter entfernten auswärtigen Gerichtstermin darf ein Anwalt auch ein Flugzeug für die Anreise benutzen. Wird der gebuchte Flug wegen Nebels abgesagt, und der Anwalt kann nicht mehr rechtzeitig zum Termin erscheinen, darf ihm dies nicht angelastet werden. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden. Etwas anderes würde nur gelten, wenn aufgrund einer Schlecht­wet­terlage absehbar war, dass der Flug ausfallen würde.

Im Fall musste ein Anwalt aus Karlsruhe einen Termin in Neubrandenburg am 27. Oktober 2005 um 14.00 Uhr wahrnehmen. Um 10.25 Uhr ließ er durch seine Kanzlei mitteilen, dass der von ihm gebuchte Flug ab Karlsruhe/Baden-Baden wegen Nebels ausgefallen sei. Gegen 14.40 ließ er dem Gericht mitteilen, dass sich seine für 15.30 Uhr angekündigte Ankunft weiter verzögern würde. Wegen starken Verkehr­s­auf­kommens auf einer Straße­n­um­leitung zwischen Berlin und Neubrandenburg werde er das Gericht voraussichtlich er gegen 16.00 Uhr erreichen. Nach 14.45 Uhr hatte der Prozess­ver­treter der Gegenseite den Erlass eines Versäum­ni­s­urteils beantragt, welches das Gericht dann auch erließ. Der Anwalt legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Er meinte, dass er den Termin nicht schuldhaft versäumt habe.

Dieser Ansicht folgte auch der Bundes­ge­richtshof.

Alle öffentlichen Verkehrsmittel dürfen für Anreise genutzt werden

Ein Prozess­be­voll­mäch­tigter dürfe bei seiner Anreise auf alle öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen. Linienflüge seien dabei Bestandteil des öffentlichen Perso­nen­verkehrs. Bei Reisen innerhalb Deutschlands könne ein Rechtsanwalt die zeitsparende Nutzung des Flugzeuges in seinen Reiseplan einbeziehen. Allerdings müsse er entsprechende Pufferzeiten einrechnen, um das Erreichen des weiteren Anschlusses (im Fall Weiterfahrt von Berlin mit der Bahn) sicherzustellen. Die vom Anwalt dargelegte Reisekette konnten die BGH-Richter nachvollziehen und sahen im Ergebnis ausreichende Pufferzeiten eingebaut.

Gebietsweiser Nebel laut Wetterbericht

Der Wetterbericht der ARD Tagesschau vom Vorabend des Termins sprach davon, dass die Nacht im Süden klar sei, sich später gebietsweise Nebel oder Hochnebel bilde und es nach Nebelauflösung viel Sonnenschein gebe. Dieser Wetterbericht ließ nach Ansicht des BGH nicht auf dichten Nebel für die Vormit­tags­stunden des 27. Oktobers 2005 für den Bereich des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden schließen, der Flugausfälle oder erhebliche Verspätungen mit Wahrschein­lichkeit nach sich ziehen würde. Angesicht des in der Wetter­vor­hersage belegten ruhigen Herbstwetters mit Sonnenschein und örtlichen Eintrübungen würde es eine Überspannung der Anforderungen darstellen, wenn ein Prozess­be­voll­mäch­tigter gehalten wäre, die weitere Entwicklung des Wetters im Auge zu behalten, meinten die Bundesrichter.

Eine auf das zukünftige Wetter ausgerichtete Beobach­tungs­pflicht treffe den Prozess­be­voll­mächtigen grundsätzlich nur bei bereits bestehenden oder angekündigten Schlecht­wet­terlagen, führte der BGH aus.

Quelle: ra-online

der Leitsatz

ZPO §§ 345, 514 Abs. 2 Satz 1

a) Der Prozess­be­voll­mächtigte, der zu einem auswärtigen Gerichtstermin anzureisen hat, ist bei der Auswahl des öffentlichen Verkehrsmittels grundsätzlich frei; er kann sich auch für das Flugzeug entscheiden.

b) Bezieht der Prozess­be­voll­mächtigte einen Inlandsflug in die Reiseplanung ein, braucht er für die Bemessung von Pufferzeiten für den Übergang zu einem Anschluss­ver­kehrs­mittel grundsätzlich keine Verzögerungen von mehr als einer Stunde in Rechnung zu stellen.

c) Eine auf die Entwicklung der Wetter­ver­hältnisse zur geplanten Flugzeit ausgerichtete Beobach­tungs­pflicht trifft den Prozess­be­voll­mäch­tigten nur bei bereits bestehenden oder angekündigten Schlecht­wet­terlagen, welche die Durchführung der Reise wahrscheinlich verhindern.

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