21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 18211

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Bundesgerichtshof Urteil14.05.2014

Haft­pflicht­versicherungs­schutz für Folgen des Unfalls bei Flugschau in Eisenach muss neu geprüft werdenBerufungs­gericht muss weitere Voraussetzungen einer möglichen Leistungs­freiheit der Versicherung untersuchen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Frage, ob der beklagte Haft­pflicht­versicherer der Halterin und dem Piloten des am 26. April 2008 bei einer Flugschau in Eisenach verunglückten Flugzeugs wegen der von bei dem Unfall geschädigten Dritten erhobenen Ansprüche Versi­che­rungs­schutz gewähren muss, vom Berufungs­gericht neu geprüft werden muss.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Geplant war am Unfalltage eine Vorführung, bei der aus dem Agrarflugzeug, das einen ca. 680 l fassenden Chemi­ka­li­en­be­hälter besaß, Wasser aus niedriger Höhe abgeworfen werden sollte (so genannte Feuerlöschübung). Beim Startvorgang brach das Flugzeug nach rechts aus, kam von der Start- und Landebahn ab und raste in einen Verkaufsstand und eine Gruppe von Zuschauern. Dabei wurden zwei Personen getötet und mehrere, teils schwer, verletzt.

Versicherung verneint Eintritts­pflicht aufgrund fehlender Erlaubnis und Berechtigung des Flugzeugführers

In dem Rechtsstreit begehren die Halterin (Klägerin zu 1) und ihr Geschäftsführer, der das Flugzeug am fraglichen Tage führte (Kläger zu 2), die Feststellung, dass die Beklagte ihnen Haftpflicht­ver­si­che­rungs­schutz zu gewähren habe. Diese hat eine Regulierung der Schäden u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass der Geschäftsführer als Luftfahr­zeug­führer nicht über die für diesen Flug erforderlichen Erlaubnisse, Berechtigungen und Befähi­gungs­nachweise verfügt habe, weil seine Klassen­be­rech­tigung für das Luftfahrzeug abgelaufen gewesen sei und er auch keine so genannte Streu- und Sprüh­be­rech­tigung gehabt habe. Dies schließe nach den vereinbarten Versi­che­rungs­be­din­gungen eine Eintritts­pflicht des Versicherers aus. Die Kläger haben demgegenüber geltend gemacht, dass die Klassen­be­rech­tigung des Klägers zu 2) wirksam verlängert worden sei; allenfalls habe eine formelle Voraussetzung gefehlt, was der Kläger zu 2) nicht habe erkennen können. Es fehle deshalb an einem Verschulden. Einer Streu- und Sprüh­be­rech­tigung habe es nicht bedurft.

Klage vor LG und OLG erfolglos

Landgericht und Oberlan­des­gericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht ist dabei von einer fehlenden Klassen­be­rech­tigung ausgegangen. Die Klausel in den Versi­che­rungs­be­din­gungen über fehlende Erlaubnisse und Berechtigungen des Luftfahr­zeug­führers sei als Risiko­aus­schluss zu verstehen, der die vom Versicherer übernommene Gefahr objektiv begrenze, so dass es auf ein Verschulden nicht ankomme.

Klägern müsste für Leistungs­aus­schluss Verschulden nachzuweisen sein

Der Bundes­ge­richtshof hat demgegenüber entschieden, dass die fragliche Versi­che­rungs­be­dingung über das Vorliegen der erforderlichen Erlaubnisse und Berechtigungen als so genannte verhüllte Obliegenheit anzusehen ist. Dies hat zur Folge, dass sich die Beklagte gegenüber ihrer Versi­che­rungs­nehmerin und dem mitversicherten Piloten trotz Fehlens der Klassen­be­rech­tigung im Unfallzeitpunkt mangels deren rechtzeitiger Verlängerung - in diesem Punkt hat der Bundes­ge­richtshof das Urteil der Vorinstanz bestätigt - nur unter weiteren Voraussetzungen auf Leistungsfreiheit berufen kann; insbesondere müsste den Klägern ein Verschulden vorzuwerfen sein.

BGH weist Rechtstreit zurück an das Berufungs­gericht

Da das Berufungs­gericht hierzu sowie zu den weiteren Voraussetzungen der Leistungs­freiheit wie auch zu anderen Einwänden der Beklagten keine Feststellungen getroffen hat, hat der Bundes­ge­richtshof den Rechtsstreit an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Für geschädigte Dritte, die Personen- oder Sachschäden erlitten haben, hat die Entscheidung die Konsequenz, dass die Beklagte ihnen gegenüber nach Maßgabe des § 158 c VVG a.F. leistungs­pflichtig bliebe, wenn sie gegenüber den Klägern nur wegen einer schuldhaft begangenen Oblie­gen­heits­ver­letzung leistungsfrei sein sollte.

§ 158 c VVG a.F.

(1) Ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung dem Versi­che­rungs­nehmer gegenüber ganz oder teilweise frei, so bleibt gleichwohl seine Verpflichtung in Ansehung des Dritten bestehen.

(2) [...]

(3) Der Versicherer haftet nur im Rahmen der amtlich festgesetzten Mindest­ver­si­che­rungs­summen und der von ihm übernommenen Gefahr.

(4) [...]

(5) [...]

(6) [...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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