Dokument-Nr. 18211
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- Landgericht Hamburg, Urteil30.04.2010, 332 O 56/09
- Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg, Urteil21.08.2012, 9 U 167/11
Bundesgerichtshof Urteil14.05.2014
Haftpflichtversicherungsschutz für Folgen des Unfalls bei Flugschau in Eisenach muss neu geprüft werdenBerufungsgericht muss weitere Voraussetzungen einer möglichen Leistungsfreiheit der Versicherung untersuchen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Frage, ob der beklagte Haftpflichtversicherer der Halterin und dem Piloten des am 26. April 2008 bei einer Flugschau in Eisenach verunglückten Flugzeugs wegen der von bei dem Unfall geschädigten Dritten erhobenen Ansprüche Versicherungsschutz gewähren muss, vom Berufungsgericht neu geprüft werden muss.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Geplant war am Unfalltage eine Vorführung, bei der aus dem Agrarflugzeug, das einen ca. 680 l fassenden Chemikalienbehälter besaß, Wasser aus niedriger Höhe abgeworfen werden sollte (so genannte Feuerlöschübung). Beim Startvorgang brach das Flugzeug nach rechts aus, kam von der Start- und Landebahn ab und raste in einen Verkaufsstand und eine Gruppe von Zuschauern. Dabei wurden zwei Personen getötet und mehrere, teils schwer, verletzt.
Versicherung verneint Eintrittspflicht aufgrund fehlender Erlaubnis und Berechtigung des Flugzeugführers
In dem Rechtsstreit begehren die Halterin (Klägerin zu 1) und ihr Geschäftsführer, der das Flugzeug am fraglichen Tage führte (Kläger zu 2), die Feststellung, dass die Beklagte ihnen Haftpflichtversicherungsschutz zu gewähren habe. Diese hat eine Regulierung der Schäden u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass der Geschäftsführer als Luftfahrzeugführer nicht über die für diesen Flug erforderlichen Erlaubnisse, Berechtigungen und Befähigungsnachweise verfügt habe, weil seine Klassenberechtigung für das Luftfahrzeug abgelaufen gewesen sei und er auch keine so genannte Streu- und Sprühberechtigung gehabt habe. Dies schließe nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen eine Eintrittspflicht des Versicherers aus. Die Kläger haben demgegenüber geltend gemacht, dass die Klassenberechtigung des Klägers zu 2) wirksam verlängert worden sei; allenfalls habe eine formelle Voraussetzung gefehlt, was der Kläger zu 2) nicht habe erkennen können. Es fehle deshalb an einem Verschulden. Einer Streu- und Sprühberechtigung habe es nicht bedurft.
Klage vor LG und OLG erfolglos
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist dabei von einer fehlenden Klassenberechtigung ausgegangen. Die Klausel in den Versicherungsbedingungen über fehlende Erlaubnisse und Berechtigungen des Luftfahrzeugführers sei als Risikoausschluss zu verstehen, der die vom Versicherer übernommene Gefahr objektiv begrenze, so dass es auf ein Verschulden nicht ankomme.
Klägern müsste für Leistungsausschluss Verschulden nachzuweisen sein
Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber entschieden, dass die fragliche Versicherungsbedingung über das Vorliegen der erforderlichen Erlaubnisse und Berechtigungen als so genannte verhüllte Obliegenheit anzusehen ist. Dies hat zur Folge, dass sich die Beklagte gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin und dem mitversicherten Piloten trotz Fehlens der Klassenberechtigung im Unfallzeitpunkt mangels deren rechtzeitiger Verlängerung - in diesem Punkt hat der Bundesgerichtshof das Urteil der Vorinstanz bestätigt - nur unter weiteren Voraussetzungen auf Leistungsfreiheit berufen kann; insbesondere müsste den Klägern ein Verschulden vorzuwerfen sein.
BGH weist Rechtstreit zurück an das Berufungsgericht
Da das Berufungsgericht hierzu sowie zu den weiteren Voraussetzungen der Leistungsfreiheit wie auch zu anderen Einwänden der Beklagten keine Feststellungen getroffen hat, hat der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Für geschädigte Dritte, die Personen- oder Sachschäden erlitten haben, hat die Entscheidung die Konsequenz, dass die Beklagte ihnen gegenüber nach Maßgabe des § 158 c VVG a.F. leistungspflichtig bliebe, wenn sie gegenüber den Klägern nur wegen einer schuldhaft begangenen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei sein sollte.
§ 158 c VVG a.F.
(1) Ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung dem Versicherungsnehmer gegenüber ganz oder teilweise frei, so bleibt gleichwohl seine Verpflichtung in Ansehung des Dritten bestehen.
(2) [...]
(3) Der Versicherer haftet nur im Rahmen der amtlich festgesetzten Mindestversicherungssummen und der von ihm übernommenen Gefahr.
(4) [...]
(5) [...]
(6) [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.05.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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