18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 33899

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Bundesgerichtshof Urteil11.04.2024

Keine Entschädigung für Hotels im Corona-LockdownsStaatliche Corona-Hilfen waren ausreichend

Der BGH hat darüber entschieden, ob die Infektions­schutz­maßnahmen der beklagten Freie Hansestadt Bremen während des "ersten und zweiten Lockdowns" (März 2020 bis Juni 2021) auf einer verfas­sungs­gemäßen Rechtsgrundlage beruhten und die staatlichen Corona-Hilfen mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar sind.

Die Klägerinnen betreiben jeweils ein Hotel in Bremen mit einem eigenen Restaurant und sind Teil einer bundesweit tätigen Hotelgruppe. Sie begehren die Feststellung, dass die Beklagte ihnen die Kosten und Gewinneinbußen zu ersetzen hat, die sie auf Grund der Infek­ti­o­ns­schutz­be­stim­mungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (insbesondere Beherbergungs- und Veran­stal­tungs­verbote, Gaststät­ten­schlie­ßungen) erlitten haben. Nach dem revisi­ons­rechtlich zu unterstellenden Vortrag der Klägerinnen konnten diese von ihren Hotelbetrieben wegen des Beher­ber­gungs­verbots während des "ersten Lockdowns" (März bis Mai 2020) 60 Tage und während des "zweiten Lockdowns" (November 2020 bis Juni 2021) 199 Tage keinen bestim­mungs­gemäßen Gebrauch machen. Darüber hinaus mussten die hoteleigenen Restaurants wegen der Gaststät­ten­schlie­ßungs­a­n­ordnung 58 Tage beziehungsweise 230 Tage geschlossen werden und konnten wegen des Veran­stal­tungs­verbots von März bis Mai 2020 56 Tage keine Veranstaltungen stattfinden. Die Klägerinnen haben geltend gemacht, die angeordneten Corona-Schutzmaßnahmen seien rechtswidrig, insbesondere unver­hält­nismäßig, gewesen. Die staatlichen Corona-Hilfen hätten keine ausreichende Kompensation dargestellt, weil die Förderprogramme zum einen die Existenz­ge­fährdung der Geschäfts­be­triebe der Klägerinnen nicht beseitigt und zum anderen konzern­an­ge­hörige Unternehmen gegenüber Einzel­un­ter­nehmen gleich­heits­widrig benachteiligt hätten. Wie in den Vorinstanzen hatte die Klage der Hotel-Betreiber auch beim BGH keinen Erfolg.

BGH: Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nahmen waren rechtmäßig

Der BGH hat die Revision der Klägerinnen zurückgewiesen, da die angegriffenen Infektionsschutzmaßnahmen der Beklagten rechtmäßig waren und die Ausgestaltung der staatlichen Corona-Hilfen einer Überprüfung gemäß Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG standhält. Ansprüche der Klägerinnen nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz (IfSG), nach § 117 Abs. 1 Satz 1, 2 BremPolG sowie nach den Grundsätzen über den enteignenden beziehungsweise enteig­nungs­gleichen Eingriff bestehen nicht. Die infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Maßnahmen der Beklagten beruhten auf einer verfas­sungs­gemäßen Rechtsgrundlage.

Staatliche Hilfen milderten Folgen ab

Zudem wurden die Eingriffe in Art. 14 Abs. 1 GG durch großzügige staatliche Hilfsprogramme entscheidend abgemildert. Von diesen Staatshilfen haben auch die Klägerinnen in großem Umfang profitiert. Ihrem Vortrag zufolge erhielt die Hotelgruppe, der sie angehören, aus staatlichen Förder­pro­grammen insgesamt 73,6 Millionen Euro. Die Hotelgruppe hat darüber hinaus - neben Kurza­r­bei­tergeld - aus dem Wirtschafts­s­ta­bi­li­sie­rungsfonds einen Kredit von 47,5 Millionen Euro erhalten. Dadurch sind die Folgen der Pandemie auch für die Klägerinnen durch staatliche Unter­stüt­zungs­leis­tungen erheblich abgemildert worden.

Staat nicht zur Verhinderung drohender Insolvenzen verpflichtet

Schließlich stellt der BGH auch klar, dass der Staat nicht verpflichtet ist, jede auf Grund von Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nahmen drohende Insolvenz zu verhindern, und sich in Pandemiezeiten gegebenenfalls auf seine Kardi­na­l­pflichten zum Schutz der Bevölkerung beschränken muss, können die Klägerinnen ihr Unter­neh­mer­risiko nicht auf die Allgemeinheit abwälzen und sich auf eine solidarische Lasten­ver­teilung zu ihren Gunsten und auf Kosten kleiner und mittlerer Hotelbetriebe berufen.

Kein Staats­haf­tungs­an­spruch wegen Benachteiligung bei der Gewährung von Corona-Hilfe

Die Revision hat aber auch deshalb keinen Erfolg, weil die - unterstellt gleich­heits­widrige - Benachteiligung bei der Gewährung von Corona-Hilfen keinen Staats­haf­tungs­an­spruch, sondern allenfalls - unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG - einen Anspruch auf weitergehende, vor den Verwal­tungs­ge­richten geltend zu machende Leistungen aus den staatlichen Hilfsprogrammen zur Folge hätte.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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