21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 30425

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Urteil17.06.2021BundesgerichtshofIII ZR 125/19
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Hamburg, Urteil07.01.2019, 16 C 76/18
  • Landgericht Hamburg, Urteil30.08.2019, 320 S 20/19
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.06.2021

Keine entsprechende Anwendung des § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partne­rvermittlungs­vertragOnline-Partner­ver­mittlung nicht mit Heirats­ver­mittlung vergleichbar

Der BGH hat entschieden, dass § 656 Abs. 1 BGB, nach dem durch einen Heirats­vermittlungs­vertrag ein Vergü­tungs­an­spruch des Vermittlers nicht begründet wird, auf einen Online-Partne­rvermittlungs­vertrag nicht entsprechend anwendbar ist.

Die Beklagte betreibt eine Online-Partner­ver­mittlung. Die Klägerin erwarb eine sogenannte Premium-Mitgliedschaft mit einer Laufzeit von 12 Monaten zum Preis von 265,68 € und wurde ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt. Sie forderte die Beklagte auf, sofort mit der Ausführung der Leistungen zu beginnen. Daraufhin erhielt die Klägerin ein zum Leistungsumfang gehörendes, automatisiert auf der Basis von Logarithmen erstelltes "Persön­lich­keits­gut­achten" sowie Partner­vor­schläge und konnte die Plattform vollumfänglich nutzen. Einen Tag später erklärte die Klägerin den Widerruf. Die Beklagte bestätigte diesen und machte zugleich einen Anspruch auf Wertersatz für bis zur Erklärung des Widerrufs erbrachte Leistungen in Höhe von 199,26 € geltend. Die Klägerin begehrt u.a. die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, an die Beklagte Wertersatz zu zahlen. Sie macht insbesondere geltend, dass in entsprechender Anwendung des § 656 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Vertrag ein Vergütungsanspruch der Beklagten nicht habe begründet werden können. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, an die Beklagte 197,80 € zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht diesen Feststel­lungs­aus­spruch auf 49,62 € reduziert. Im Übrigen sind die Berufung der Beklagten und die Anschluss­be­rufung der Klägerin ohne Erfolg geblieben.

BGH bestätigt Anspruch auf Wertersatz

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidung des Amtsgerichts wieder­her­ge­stellt. Allerdings steht der Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Wertersatz zu. Durch den Abschluss des Vertrages mit der Klägerin hat die Beklagte einen Vergü­tungs­an­spruch erlangt, so dass auch ein Anspruch auf Ersatz des Wertes ihrer Leistungen gemäß § 351 Abs. 8 Satz 1 BGB begründet werden konnte, ohne dass es darauf ankommt, dass die Klägerin die Vergütung noch nicht gezahlt hatte. § 656 Abs. 1 BGB steht dem nicht entgegen, denn die Norm ist auf diesen Vertrag nicht anwendbar.

"Heirats­ver­mittlung" nicht mit "Online-Partner­ver­mittlung" vergleichbar

§ 656 Abs. 1 BGB bestimmt, dass durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe eine Verbindlichkeit nicht begründet wird, das auf Grund des Versprechens Geleistete jedoch nicht deshalb zurückgefordert werden kann, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Der Bundes­ge­richtshof hat eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zunächst auf den Eheanbahnungs- und schließlich auf den Partner­schafts­an­bah­nungs­vertrag angenommen. Dies hat er damit begründet, dass nach dem Zustandekommen der Ehe oder Partnerschaft die Honorarklage aus solchen Verträgen die Intimsphäre der Kunden ebenso beeinträchtigen würde wie bei einer Klage auf den sogenannten Ehemäklerlohn. Diese Gründe gelten für den verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Vertrag über eine "Online-Partner­ver­mittlung" jedoch nicht. Dort besteht die Leistungs­pflicht der Beklagten vor allem darin, ihren Kunden einen unbeschränkten Zugang zu der von ihr betriebenen Plattform zu gewähren, auf der diese aus eigener Initiative einen Kontakt zu möglichen Partnern herstellen können. Zwar stellt auch die Beklagte ihren Kunden Partner­vor­schläge zur Verfügung. Diese beruhen aber allein auf einem elektronischen Abgleich der nicht näher überprüften eigenen Angaben der Kunden. Eine individuelle, persönliche Auswertung findet nicht statt.

Wertansatz zeitanteilig zu berechnen

Auch eine Gewähr für die Richtigkeit dieser Angaben und damit für die Qualität der Vorschläge übernimmt die Beklagte nicht. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass durch einen Rechtsstreit über den Vergü­tungs­an­spruch der Beklagten in die Intimsphäre ihrer Kunden in einer Weise eingegriffen würde, die vergleichbar mit der Situation bei einem herkömmlichen Partnerschaftsvermittlungsvertrag wäre. Gleiches gilt für das sog. Persön­lich­keits­gut­achten, das ebenfalls automatisiert erstellt wird. Der Anspruch der Beklagten auf Wertersatz für die von ihr erbrachten Leistungen aus § 357 Abs. 8 Satz 1 BGB beträgt jedoch lediglich 1,46 €. Der Wertansatz ist aus den bereits im Urteil des Senats vom 6. Mai 2021 - III ZR 169/20 - dargelegten Gründen zeitanteilig zu berechnen. Nach diesen Vorgaben beläuft sich der Anspruch der Beklagten auf Wertersatz auf den genannten Betrag (265,68 € : 365 x 2 = 1,46 €).

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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