12.12.2024
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Dokument-Nr. 34129

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Bundesgerichtshof Urteil27.06.2024

Werbung mit dem Begriff "Klimaneutral" ohne Aufklärung ist irreführendBGH entscheidet zur Zulässigkeit von Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Werbung mit einem mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff (hier: "klimaneutral") regelmäßig nur dann zulässig ist, wenn in der Werbung selbst erläutert wird, welche konkrete Bedeutung diesem Begriff zukommt.

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Produkte aus Fruchtgummi und Lakritz unter dem Namen Katjes herstellt. Die Produkte sind im Lebens­mit­te­l­ein­zel­handel, an Kiosken und an Tankstellen erhältlich. Die Beklagte warb in einer Fachzeitung der Lebens­mit­tel­branche mit der Aussage: "Seit 2021 produziert [die Beklagte] alle Produkte klimaneutral" und einem Logo, das den Begriff "klimaneutral" zeigt und auf die Internetseite eines "ClimatePartner" hinweist. Der Herstel­lungs­prozess der Produkte der Beklagten läuft nicht CO2-neutral ab. Die Beklagte unterstützt indes über den "ClimatePartner" Klima­schutz­projekte. Die Klägerin hält die Werbeaussage für irreführend. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden diese so, dass der Herstel­lungs­prozess selbst klimaneutral ablaufe. Zumindest müsse die Werbeaussage dahingehend ergänzt werden, dass die Klimaneutralität erst durch kompen­sa­to­rische Maßnahmen hergestellt werde. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz vorge­richt­licher Abmahnkosten in Anspruch.

Klage in Vorinstanzen erfolglos

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungs­gericht war der Auffassung, der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG wegen Irreführung zu. Die Leser der Fachzeitung verstünden den Begriff "klimaneutral" im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen, da ihnen bekannt sei, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompen­sa­ti­o­ns­maß­nahmen erreicht werden könne. Ein Unter­las­sungs­an­spruch bestehe auch nicht aufgrund eines Verstoßes gegen § 5 a Abs. 1 und 3 UWG wegen Vorenthaltens der Information, auf welche Weise die "Klima­neu­tralität" des beworbenen Produkts erreicht werde. Zwar sei diese Information wesentlich. Die erforderliche Aufklärung über Art und Umfang etwaiger Kompensationen lasse sich aber über die Internetseite des Koope­ra­ti­o­ns­partners erlangen, die in der Werbeanzeige angegeben sei und mittels eines in der Werbeanzeige abgedruckten QR-Code aufgerufen werden könne. Dies sei Lesern der Zeitung auch zumutbar. Mit seiner vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihre Ansprüche weiterverfolgt.

BGH: Beanstandete Werbung ist irreführend

Die Revision hatte Erfolg. Der BGH hat die Beklagte zur Unterlassung der Werbung und Erstattung vorge­richt­licher Abmahnkosten verurteilt. Die beanstandete Werbung ist entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG. Die Werbung ist mehrdeutig, weil der Begriff "klimaneutral" nach den vom Berufungs­gericht getroffenen Feststellungen von den Lesern der Fachzeitung - nicht anders als von Verbrauchern - sowohl im Sinne einer Reduktion von CO2 im Produk­ti­o­ns­prozess als auch im Sinne einer bloßen Kompensation von CO2 verstanden werden kann. Das Berufungs­gericht hat nicht beachtet, dass im Bereich der umweltbezogenen Werbung - ebenso wie bei gesund­heits­be­zogener Werbung - eine Irrefüh­rungs­gefahr besonders groß ist und ein gesteigertes Aufklä­rungs­be­dürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen besteht.

Aufklärende Hinweise müssen bereits in Werbung selbst erläutert werden

Bei einer Werbung, die einen mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff wie "klimaneutral" verwendet, muss deshalb zur Vermeidung einer Irreführung regelmäßig bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist. Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung sind insoweit nicht ausreichend. Eine Erläuterung des Begriffs "klimaneutral" war hier insbesondere deshalb erforderlich, weil die Reduktion und die Kompensation von CO2-Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klima­neu­tralität darstellen, sondern die Reduktion gegenüber der Kompensation unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes vorrangig ist. Die Irreführung ist auch wettbewerblich relevant, da die Bewerbung eines Produkts mit einer vermeintlichen Klima­neu­tralität für die Kaufent­scheidung des Verbrauchers von erheblicher Bedeutung ist.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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