15.11.2024
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Dokument-Nr. 17275

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Urteil28.11.2013BundesgerichtshofI ZR 76/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2014, 616Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 616
  • NJW 2014, 2117Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 2117
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Stuttgart, Urteil27.09.2011, 17 O 671/10
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil04.04.2012, 4 U 171/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil28.11.2013

BGH zur Nutzung urheber­rechtlich geschützter Werke auf elektronischen Lernplattformen von UniversitätenZur Verfügung gestellte Texte dürfen höchstens 12 % des Gesamtwerks und nicht mehr als 100 Seiten ausmachen

Eine Universität darf den Teilnehmern einer Lehrver­an­staltung nur dann Teile eines urheber­rechtlich geschützten Werkes auf einer elektronischen Lernplattform zur Verfügung stellen, wenn diese Teile höchstens 12 % des Gesamtwerks und nicht mehr als 100 Seiten ausmachen und der Rechtsinhaber der Universität keine angemessene Lizenz für die Nutzung angeboten hat. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist der Alfred Kröner Verlag. Er ist Inhaber der urheber­recht­lichen Nutzungsrechte an dem von ihm verlegten Werk "Meilensteine der Psychologie". Die Beklagte ist die Fernuniversität in Hagen. Die Uni hatte mehr als 4.000 Studierenden, die im Bachelor-Studiengang Psychologie den Kurs "Einführung in die Psychologie und ihre Geschichte" belegt hatten, 14 vollständige Beiträge mit insgesamt 91 Seiten des 528 Textseiten umfassenden Buches "Meilensteine der Psychologie" auf einer elektronischen Lernplattform als PDF-Datei zum Lesen, Ausdrucken und Abspeichern zur Verfügung gestellt. Ein Angebot des Klägers zum Abschluss eines Lizenzvertrages lehnte die Universität ab.

Universität beruft sich für Zulässigkeit der fraglichen Nutzung auf Schran­ken­re­gelung

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe damit das Urheberrecht an dem Werk verletzt. Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schaden­s­er­satz­pflicht beantragt. Die Beklagte meint, sie sei nach der Schran­ken­re­gelung des § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG zur fraglichen Nutzung berechtigt. Nach dieser Bestimmung ist es zulässig, veröffentlichte kleine Teile eines Werkes zur Veran­schau­lichung im Unterricht an Hochschulen ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unter­richts­teil­nehmern öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.

Auf Lernplattform eingestellte Beiträge können nicht nur als "kleine" Teile angesehen werden

Das Berufungs­gericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG berufen, weil die auf der Lernplattform eingestellten Beiträge nicht als "kleine" Teile des Werkes "Meilensteine der Psychologie" anzusehen seien und auch nicht zur Veran­schau­lichung im Unterricht gedient hätten. Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Universität hätte nach Vorgaben des BGH grundsätzlich bis zu 63 Seiten des Werkes auf der Lernplattform einstellen dürfen

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs sind unter "kleinen" Teilen eines Werkes entsprechend einem zwischen der Verwer­tungs­ge­sell­schaft Wort und den Bundesländern geschlossenen "Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52 a UrhG für das Öffentlich-Zugäng­lich­machen von Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen", der gleichfalls Sprachwerke betrifft, höchstens 12 % des gesamten Werkes zu verstehen. Darüber hinaus sei eine - vom Bundes­ge­richtshof mit 100 Seiten definierte - Höchstgrenze erforderlich, weil ansonsten ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften. Die Beklagte habe demnach grundsätzlich bis zu 63 Seiten des Werkes "Meilensteine der Psychologie" auf der Lernplattform einstellen dürfen. Das Einstellen der Beiträge habe - so der Bundes­ge­richtshof - auch der Veran­schau­lichung im Unterricht gedient. Dem stehe, anders als das Berufungs­gericht gemeint habe, nicht entgegen, dass sie den Unter­richtsstoff nicht nur verdeutlicht, sondern auch ergänzt hätten. Entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts erlaube die Schran­ken­re­gelung des § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG auch nicht nur ein Bereithalten kleiner Teile eines Werkes zum Lesen am Bildschirm. Vielmehr gestatte sie deren Zugäng­lich­machen auch dann, wenn Unter­richts­teil­nehmern dadurch ein Ausdrucken und Abspeichern der Texte ermöglicht werde.

Bei Angebot des Rechteinhabers für Nutzung der Texte gegen angemessene Lizenz, ist sonstiges Zugäng­lich­machen von Texten nicht geboten

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs ist ein Zugäng­lich­machen allerdings nicht geboten im Sinne von § 52 a Abs. 1 Nr. 1 UrhG, wenn der Rechtsinhaber der Hochschule eine angemessene Lizenz für die fragliche Nutzung angeboten hat. Der Bundes­ge­richtshof hat die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen, das nun die Angemessenheit des Lizenzangebots des Klägers zu prüfen haben wird.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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