21.11.2024
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Dokument-Nr. 7759

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Urteil22.04.2009BundesgerichtshofI ZR 5/07
Vorinstanzen:
  • Landgericht München I, Urteil13.04.2006, 7 O 20693/03
  • Oberlandesgericht München, Urteil16.11.2006, 29 U 3271/06
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Bundesgerichtshof Urteil22.04.2009

GEMA unterliegt keinem unbeschränkten AbschlusszwangKein Abschlusszwang, sofern missbräuchliche Ausnutzung der Monopolstellung der Verwer­tungs­ge­sell­schaft auszuschließen ist

Die Verwer­tungs­ge­sell­schaft GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Verviel­fäl­ti­gungs­rechte) ist von ihrer Pflicht nach § 11 Abs. 1 des Urheber­rechts­wahr­neh­mungs­ge­setzes (UrhWG), aufgrund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen, in Ausnahmefällen befreit. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

In dem vom Bundes­ge­richtshof entschiedenen Fall hatte die Klägerin bei der GEMA, die Rechte der Komponisten, Textdichter und Musikverlage an Musikwerken wahrnimmt, beantragt, ihr die Nutzungsrechte an zwölf Musikstücken einzuräumen, die 1993 in den USA von der Klägerin mit dem Sänger Xavier Naidoo aufgenommen worden waren. Xavier Naidoo war an dem Rechtsstreit als Streithelfer auf Seiten der GEMA beteiligt. Die Klägerin beabsichtigte, eine CD mit diesen Musikstücken herzustellen und zu vertreiben. Dazu benötigte sie neben den Rechten, die in der Person von Xavier Naidoo in seiner Eigenschaft als Komponist und Textdichter dieser Musiktitel entstanden sind und die von der GEMA wahrgenommen werden, auch die urheber­recht­lichen Leistungs­schutz­rechte, die Xavier Naidoo als Sänger dieser Musikaufnahmen zustehen. Diese Leistungs­schutz­rechte werden von der GEMA nicht wahrgenommen. Die Klägerin war der Ansicht, sie habe die entsprechenden Leistungs­schutz­rechte bereits durch einen mit Xavier Naidoo im Jahre 1993 geschlossenen Künst­ler­ex­klu­siv­vertrag erworben. Xavier Naidoo und die GEMA haben dagegen geltend gemacht, dieser Vertrag sei wegen einer sittenwidrigen Übervorteilung Xavier Naidoos nichtig. Die GEMA hat sich daher geweigert, der Klägerin die verlangten Nutzungsrechte einzuräumen.

Abschlusszwang kann wegen entge­gen­ste­hender Interessen im Einzelfall aufgehoben werden

Das Landgericht hat die GEMA verurteilt, der Klägerin eine Lizenz für die Herstellung des beabsichtigten Tonträgers gegen Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 6.420 € zu erteilen. Das Berufungs­gericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Abschlusszwang nach § 11 Abs. 1 UrhWG könne im Einzelfall wegen entge­gen­ste­hender Interessen der Verwer­tungs­ge­sell­schaft oder des Urhebers aufgehoben sein. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor, weil Xavier Naidoo es ablehne, der Klägerin die für die Herstellung des Tonträgers benötigten Leistungs­schutz­rechte zu übertragen, und die Klägerin diese Rechte auch nicht bereits durch den Vertrag von 1993 erworben habe, der wegen Sitten­wid­rigkeit nichtig sei.

GEMA ist nicht zumutbar, Nutzungsrechte zu übertragen, die nicht rechtmäßig angewandt werden können

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Der Abschlusszwang nach § 11 UrhWG sei eine notwendige Folge davon, dass die jeweilige Verwer­tungs­ge­sell­schaft – in Deutschland besteht für eine oder mehrere Arten von Schutzrechten in der Regel nur jeweils eine Verwer­tungs­ge­sell­schaft – das tatsächliche Monopol für alle Rechte erlange, die zu ihrem Tätig­keits­bereich gehörten. Aus dem Zweck des § 11 UrhWG, einen Missbrauch der tatsächlichen Monopolstellung der Verwer­tungs­ge­sell­schaft zu verhindern, ergebe sich, dass ausnahmsweise eine Abschluss­pflicht nicht bestehe, wenn eine missbräuchliche Ausnutzung der Monopolstellung von vornherein ausscheide und die Verwer­tungs­ge­sell­schaft dem Verlangen auf Einräumung von Nutzungsrechten vorrangige berechtigte Interessen entgegenhalten könne. Diese Voraussetzung sei in diesem Fall gegeben, weil die Klägerin an der beabsichtigten Herstellung des Tonträgers wegen der Weigerung Xaviers Naidoos, ihr die insoweit benötigten Leistungs­schutz­rechte zu übertragen, und der vom Berufungs­gericht rechts­feh­lerfrei angenommenen Nichtigkeit des Vertrags von 1993 aus Rechtsgründen gehindert sei. Unter diesen Umständen sei es der GEMA unter Berück­sich­tigung ihrer aus dem Wahrneh­mungs­vertrag mit Xavier Naidoo folgenden Treuhand­stellung nicht zumutbar, der Klägerin Nutzungsrechte zu übertragen, die diese nicht rechtmäßig nutzen könne.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 88/09 des BGH vom 23.04.2009

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