21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil29.05.2024

Bundes­ge­richtshof zu "Mogelpackungen"Verbot von Mogelpackungen gilt auch für den Onlinehandel

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Verpackung eines Produkts in der Regel nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge steht ("Mogelpackung") wenn sie nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt ist.

Die Klägerin ist ein Verbrau­cher­schutz­verband. Die Beklagte vertreibt Kosmetik- und Körper­pfle­ge­produkte. Die Beklagte bewarb auf ihrer Internetseite ein Herrenwaschgel in einer aus Kunststoff bestehenden Tube mit einer Füllmenge von 100 ml. In der Online-Werbung ist die Tube auf dem Verschluss­deckel stehend abgebildet. Sie ist im unteren Bereich des Verschluss­deckels transparent und gibt den Blick auf den orangefarbigen Inhalt frei. Der darüber befindliche, sich zum Falz der Tube stark verjüngende Bereich ist nicht durchsichtig, sondern silbern eingefärbt. Die Tube ist nur im durchsichtigen Bereich bis zum Beginn des oberen, nicht durchsichtigen Bereichs mit Waschgel befüllt. Die Klägerin hält diese Werbung für unlauter, weil sie eine tatsächlich nicht gegebene nahezu vollständige Befüllung der Tube mit Waschgel suggeriere, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungs­gericht war der Auffassung, dass die Verpackung zwar dann entgegen § 3 a UWG in Verbindung mit § 43 Abs. 2 MessEG ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge als vorhanden vortäusche, wenn der Verbraucher sie im Rahmen des Erwerbs im Laden in Originalgröße wahrnehme. Im Falle des hier vorliegenden Online-Vertriebs fehle es jedoch an der Spürbarkeit eines Verstoßes gegen § 43 Abs. 2 MessEG, weil dem Verbraucher die konkrete Größe der Produkt­ver­packung im Zeitpunkt der Beschäftigung mit dem Angebot und dem Erwerb des Produkts verborgen bleibe. Auch eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Täuschung über den Hohlraum in der Verpackung liege nicht vor. Mit ihrer vom Bundes­ge­richtshof zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch weiter.

Mogelpackung unabhängig vom Vertriebsweg irreführend

Die Revision hat Erfolg. Der geltend gemachte Unter­las­sungs­an­spruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1, § 3 a UWG in Verbindung mit § 43 Abs. 2 MessEG kann mit der vom Berufungs­gericht gegebenen Begründung nicht verneint werden. Insbesondere täuscht die beanstandete Produkt­ge­staltung entgegen § 43 Abs. 2 MessEG ihrer Gestaltung und Befüllung nach eine größere Füllmenge vor, als in ihr enthalten ist. Entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts liegt auch eine spürbare Inter­es­sen­be­ein­träch­tigung vor. Der für diese Frage entscheidende Schutzzweck des § 43 Abs. 2 MessEG besteht darin, den Verkehr vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge einer Fertigpackung ("Mogelpackung") zu schützen. Dieser Schutzzweck ist unabhängig vom Vertriebsweg stets betroffen, wenn - wie im Streitfall - eine Fertigpackung ihrer Gestaltung und Befüllung nach in relevanter Weise über ihre relative Füllmenge täuscht.

Verpackung nicht im angemessenen Verhältnis zum Inhalt

Der BGH hat in der Sache selbst entschieden und die Beklagte zur Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und 2, § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG verurteilt. Die beanstandete Internetwerbung für das Waschgel verstößt gegen § 5 Abs. 1 und 2 Nr. 1 UWG. Eine wettbewerblich relevante Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung liegt unabhängig von dem konkret beanstandeten Werbemedium grundsätzlich vor, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge steht. Dies ist hier der Fall, da die Waschgel-Tube nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt ist und weder die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindert noch die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruht.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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