18.10.2024
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Dokument-Nr. 31646

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Urteil07.04.2022BundesgerichtshofI ZR 222/20
Vorinstanzen:
  • Landgericht Stuttgart, 26.07.2018, 17 O 1324/17
  • Oberlandesgericht Stuttgart, 20.11.2020, 5 U 125/19
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil07.04.2022

Streit um Porsche-911-Design: BGH hebt Urteil zu urheber­recht­lichen Ansprüchen eines Konstrukteurs der Porsche AG aufUrteil zu Ansprüchen auf Fairness­aus­gleich gem. § 32 a UrhG

Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs (BGH) hat über urheber­rechtliche Beteiligungs­ansprüche des früheren Abtei­lungs­leiters der Karosserie-Konstruktion der Porsche AG am wirtschaft­lichen Erfolg des Porsche 911 entschieden.

Die Beklagte ist die Porsche AG. Die Klägerin ist die Tochter eines im Jahr 1966 verstorbenen Abtei­lungs­leiters der Rechts­vor­gängerin der Beklagten. Dieser war im Rahmen seiner Tätigkeit mit der Entwicklung des ab 1950 produzierten Fahrzeugmodells Porsche 356 und dessen seit 1963 gebauten Nachfol­ge­modells Porsche 911 befasst. Der Umfang seiner Beteiligung an der Gestaltung dieser Modelle ist zwischen den Parteien streitig.

Bisheriger Prozessverlauf

Die Klägerin verlangt als Erbin ihres Vaters und aus abgetretenem Recht einer weiteren Erbin von der Beklagten gemäß § 32 a Abs. 1 Satz 1 UrhG ab dem 1. Januar 2014 eine angemessene Beteiligung an den Erlösen aus dem Verkauf der ab 2011 produzierten Baureihe 991 des Porsche 911. Sie meint, bei den Fahrzeugen dieser Baureihe seien wesentliche Gestal­tungs­elemente der unter maßgeblicher Beteiligung ihres Vaters entwickelten Ursprungs­modelle des Porsche 356 und des Porsche 911 übernommen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen. Das Oberlan­des­gericht hat laut BGH allerdings im Ergebnis mit Recht angenommen, dass der Klägerin keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung gemäß § 32 a Abs. 1 Satz 1 UrhG zustehen, soweit sie geltend macht, die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Porsche 356 genutzt. Die Gestaltung des Porsche 356 ist zwar als Werk der angewandten Kunst urheber­rechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG). Die Klägerin habe auch nachgewiesen, dass ihr Vater diese Gestaltung geschaffen hat und damit deren Urheber ist (§ 7 UrhG). Die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 aber nicht das ihr vom Vater der Klägerin im Rahmen des Arbeits­ver­hält­nisses eingeräumte Recht zur Verwertung dieses Werkes in körperlicher Form (§ 15 Abs. 1 UrhG) genutzt.

Fahrzeugmodell weist nicht Urheberschutz begründenden Gesamteindruck auf

Nach den Feststellungen des Oberlan­des­ge­richts sind bei einem Vergleich des Gesamteindrucks der beiden Fahrzeugmodelle die den Urheber­rechts­schutz des Porsche 356 begründenden Elemente in der Gestaltung des Porsche 911 nicht mehr wieder­zu­er­kennen. Die Beklagte hat daher mit der Herstellung und dem Vertrieb des Porsche 911 nicht in das ausschließliche Recht des Urhebers zur Verviel­fäl­tigung (§ 16 Abs. 1 UrhG) und Verbreitung (§ 17 Abs. 1 UrhG) des Porsche 356 eingegriffen. Ein Anspruch auf weitere angemessene Beteiligung scheide deshalb aus, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich bei der Gestaltung der Baureihe 991 des Porsche 911 gleichfalls um ein urheber­rechtlich geschütztes Werk handelt und damit die Voraussetzungen einer freien Benutzung im Sinne von § 24 Abs. 1 UrhG aF/§ 23 Abs. 1 Satz 2 UrhG nF vorliegen.

Fehlende Befassung mit Beweisangebot

Die Annahme des Oberlan­des­ge­richts, der Klägerin stünden auch keine Ansprüche auf weitere angemessene Beteiligung zu, soweit sie sich darauf berufe, die Beklagte habe mit dem Vertrieb der Baureihe 991 des Porsche 911 die Urheberrechte ihres Vaters am Ursprungsmodell des Porsche 911 genutzt, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Oberlan­des­gericht hat Ansprüche der Klägerin mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass ihr Vater die äußere Gestaltung der Karosserie des Porsche 911 geschaffen habe. Die Klägerin hatte im Berufungs­ver­fahren allerdings ihren Ehemann als Zeugen dafür benannt, dass ihr Vater diesem bei einem Besuch an seinem Arbeitsplatz klargemacht habe, dass der Porsche 911 und dessen Karosserie "sein Auto, sein Entwurf" gewesen sei. Das Oberlan­des­gericht hätte sich mit diesem Beweisangebot ausein­an­der­setzen müssen, weil die Zeugenaussage zumindest ein Indiz für die Urheberschaft des Vaters der Klägerin liefern konnte. Die Klägerin hat dieses Beweisangebot zwar erst nach Ablauf der Berufungs­be­grün­dungsfrist vorgebracht. Das Oberlan­des­gericht hat sich aber nicht damit befasst, ob die Klägerin deshalb mit ihrem Beweisantritt ausgeschlossen ist.

Diese Frage kann nur vom Berufungs­gericht und nicht vom Revisi­ons­gericht entschieden werden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/cc)

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