21.11.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 11101

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Urteil10.02.2011BundesgerichtshofI ZR 213/08 u. I ZR 136/09
Vorinstanz zu I ZR 136/09:
  • Landgericht Bad Kreuznach, Urteil16.05.2007, 2 O 441/06
  • Oberlandesgericht Koblenz, Urteil25.02.2009, 4 U 759/07
Vorinstanz zu I ZR 213/08:
  • Landgericht Kiel, Urteil28.07.2006, 14 O Kart. 176/04
  • Oberlandesgericht Schleswig-Holstein, Urteil20.05.2008, 6 U 54/06
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Bundesgerichtshof Urteil10.02.2011

BGH: Teilerfolg für Lufthansa gegen Ryanair wegen Beihil­fen­rechtsstreitKlagen gegen Flughäfen Frankfurt-Hahn und Lübeck wegen Beihilfen an Ryanair müssen neu verhandelt werden

Gewähren Flughäfen Konkurrenten Beihilfe im Wettbe­wer­bsrecht und aus unerlaubter Handlung, können Flugge­sell­schaften gegen diese Flughäfen vorgehen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im Fall I ZR 136/09 wendet sich die Lufthansa gegen Konditionen, die der Flughafen Frankfurt-Hahn der Fluggesellschaft Ryanair eingeräumt hat, und die sie für unzulässige staatliche Beihilfen hält. Aufgrund der Betei­li­gungs­ver­hältnisse ist der Flughafen ein öffentliches Unternehmen, so dass in Betracht kommt, dem Staat das Handeln des Flughafens zuzurechnen. Die Lufthansa verlangt Auskunft über die Ryanair gewährten Vorteile und Unterlassung, Ryanair "Marketing Support" oder sonstige Zuschüsse zu gewähren.

Klage zunächst vom LG und Berufungs­gericht wegen fehlender Grundlage abgewiesen

Landgericht und Berufungs­gericht haben die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat angenommen, es bestehe keine Grundlage für Ansprüche der Klägerin gegen den Flughafen. Insbesondere komme Art. 88 Abs. 3 S. 3 EGV (jetzt Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV), nach dem die Mitgliedstaaten ohne Genehmigung der Kommission keine Beihil­fe­maß­nahmen durchführen dürfen, nicht als Anspruchs­grundlage in Betracht. Ob der Flughafen tatsächlich Beihilfen an Ryanair gewährt habe, bedürfe deshalb keiner Entscheidung.

BGH: Ansprüche auf delikt­recht­licher Grundlage begründet

Der Bundes­ge­richtshof hat das Urteil des Berufungs­ge­richts aufgehoben. Es kommt in Betracht, dass die Ansprüche der Lufthansa auf delikts­recht­licher Grundlage (§ 823 Abs. 2 BGB) begründet sind. Das beihil­fe­rechtliche Durch­füh­rungs­verbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV ist ein Schutzgesetz, das auch im Interesse der Konkurrenten des Beihil­fe­emp­fängers besteht. Darüber hinaus ist es auch eine Markt­ver­hal­tens­re­gelung i. S. des § 4 Nr. 11 UWG, so dass Verstöße gegen das Verbot wegen Rechtsbruchs unlauter sein können. Wer gegen das Durch­füh­rungs­verbot verstößt, kann daher delikts- und wettbe­wer­bs­rechtlich auf Unterlassung, Auskunft, Beseitigung der Beein­träch­tigung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Der wettbe­wer­bs­rechtliche Anspruch verjährt allerdings grundsätzlich in sechs Monaten (§ 11 UWG), während für den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB die Regel­ver­jäh­rungsfrist von drei Jahren gilt.

Betroffene bei Wettbe­wer­bs­ver­zerrung schützen

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union begründet das Durch­füh­rungs­verbot Rechte der Einzelnen, die von den nationalen Gerichten zu beachten sind. Das Verbot hat gerade die Funktion, die Interessen derjenigen zu schützen, die von der Wettbe­wer­bs­ver­zerrung infolge der Beihilfe betroffen sind.

Beihilfe kann zurückgefordert werden

Gewährt ein staatlicher Flughafen unter Verstoß gegen das Durch­füh­rungs­verbot einer Flugge­sell­schaft Beihilfen, so können daher deren Konkurrenten von dem Flughafen verlangen, die Beihilfe zurückzufordern.

Beihil­fe­prüf­ver­fahren eingeleitet

Das Berufungs­gericht hat nunmehr zu prüfen, ob die Ryanair eingeräumten Konditionen staatliche Beihilfen sind, die der Kommission anzumelden waren. Dabei wird es insbesondere darauf ankommen, ob die entsprechenden Handlungen des Flughafens dem Staat zurechenbar sind, ob andere Flugge­sell­schaften dieselben Konditionen wie Ryanair erhalten konnten und ob sich der Flughafen wie ein privater Eigentümer verhalten hat. Sollte das Berufungs­gericht Beihilfen feststellen, darf es nicht darüber entscheiden, ob sie genehmigt werden können. Diese Beurteilung obliegt allein der Kommission. Die Kommission hat zwar bereits ein Beihil­fe­prüf­ver­fahren eingeleitet. Das Verfahren vor dem Berufungs­gericht ist aber nicht auszusetzen, bis die Kommission eine Entscheidung getroffen hat.

Im Parallelfall hat Air Berlin wegen Beihilfen zugunsten von Ryanair gegen den Flughafen Lübeck geklagt.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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