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Dokument-Nr. 15681

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Urteil25.10.2012BundesgerichtshofI ZR 169/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 440Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 440
  • GRUR 2013, 531Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 531
  • ITRB 2013, 152Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2013, Seite: 152
  • K&R 2013, 401Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2013, Seite: 401
  • MDR 2013, 992Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 992
  • MMR 2013, 380Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 380
  • NJW 2013, 2683Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 2683
  • VuR 2013, 224Zeitschrift: Verbraucher und Recht (VuR), Jahrgang: 2013, Seite: 224
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil30.09.2009, 15 O 290/08
  • Kammergericht Berlin, Urteil19.08.2010, 5 U 120/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.10.2012

BGH: Formularmäßiges Einverständnis zu Werbeanrufen bei Unbestimmtheit der werbenden Anrufer und der zu bewerbenden Produkte unwirksamUnangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB liegt vor

Wird eine Einwilligung zu Werbeanrufen im Rahmen einer vorformulierten Erklärung abgegeben, so muss aus der Erklärung hervorgehen, von wem ein Werbeanruf erfolgt und welche Produkte und Dienst­leis­tungen beworben werden sollen. Geschieht dies nicht, liegt eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher vor und die Einverständnis­erklärung ist unwirksam (§ 307 Abs. 1 BGB). Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich ein Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen im April 2007 gegenüber der Verbrau­cher­zentrale Berlin durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtet, es zukünftig zu unterlassen, ohne vorherige Einwilligung der Verbraucher diese zu Werbezwecken anzurufen. Für jeden Fall einer Zuwiderhandlung wurde die Zahlung von 2.000 € versprochen. Nachfolgend rief das Unternehmen bis Oktober 2007 in 43 Fällen Verbraucher an, um ihnen Angebote zum Abschluss von Telefon­ver­trägen zu unterbreiten. Die Kontaktdaten der Verbraucher hatte das Unternehmen von einem Dritten erworben. Dieser wiederum hatte die Daten mit Hilfe von Inter­net­ge­winn­spielen erhalten. Die Verbrau­cher­zentrale sah darin einen Verstoß gegen die Unter­las­sungs­er­klärung. Sie verlangte daher auf Grundlage von 50 Verstößen für jeden der Anrufe 2.000 € und somit Zahlung von insgesamt 100.000 € Vertragsstrafe. Das Unternehmen weigerte sich dem nachzukommen. Seiner Meinung nach haben sich die angerufenen Verbraucher durch die Teilnahme an den Gewinnspielen auch mit der Nutzung ihrer Daten für Werbeanrufe bereit erklärt. Die Verbrau­cher­zentrale erhob daraufhin Klage. Das Landgericht Berlin gab der Klage in Höhe von 22.000 € statt. Auf Berufung des Unternehmens sprach das Kammergericht Berlin der Verbrau­cher­zentrale weitere 64.000 € zu. Es begründet seine Entscheidung damit, dass für die 43 festgestellten Anrufe ein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe gemäß § 339 BGB bestanden habe. Denn das Unternehmen habe gegen die Unter­las­sungs­er­klärung verstoßen. Eine wirksame Einver­ständ­ni­s­er­klärung durch die Verbraucher habe nicht vorgelegen. Das Unternehmen legte gegen das Urteil Revision ein.

Anspruch auf Vertragsstrafe bestand

Der Bundes­ge­richtshof entschied gegen das Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­un­ter­nehmen und bestätigte das Berufungsurteil. Der Verbrau­cher­zentrale habe der Anspruch auf Vertragsstrafe in Höhe von insgesamt 86.000 € zugestanden. Sämtliche 43 festgestellten Anrufe seien ohne Einverständnis erfolgt, so dass das Unternehmen gegen die Unter­las­sungs­er­klärung verstoßen habe.

Formularmäßig erklärte Einwilligungen waren unwirksam

Die Einwilligungen, die im Rahmen der Gewinnspiele formularmäßig erklärt wurden, haben die Verbraucher aus Sicht der Bundesrichter unangemessen benachteiligt und seien daher gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen.

Einwilligung zu Werbeanrufen grundsätzlich möglich

Der Bundes­ge­richtshof führte weiter aus, dass eine Einwilligung zu Werbeanrufen grundsätzlich möglich sei und zwar dann, wenn der Betreffende ausdrücklich seine Einwilligung dafür erteilt hat (sog. Opt-In-Lösung, siehe: § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Die Einwilligung könne auch im Rahmen der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen erklärt werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.2008 - VIII ZR 348/06). Daher könne ein Einverständnis durch das Ankreuzen einer entsprechend vorformulierten Erklärung wirksam erteilt werden. Sie müsse jedoch in einem gesonderten Text oder Textabschnitt ohne anderen Inhalt enthalten sein. Wenn eine wirksame Einwilligung vorliegt, sei es zudem unerheblich, ob das Unternehmen selbst oder von ihm eingeschaltete Beauftragte den Werbeanruf ausführen.

Einwilligung muss in Kenntnis der Sachlage erklärt werden

Eine Einwilligung liege hingegen nur vor, wenn sie ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt. In Kenntnis der Sachlage werde ein Einverständnis erklärt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Lasse sich aus einer Einwilligung nicht oder nicht abschließend festlegen, von wem ein Werbeanruf zu erwarten ist und werden die zu bewerbenden Produkte und Dienst­leis­tungen nicht bestimmt, sei sie nach Auffassung des Gerichtshofs nicht für den konkreten Fall erklärt worden und daher unwirksam. Dies sei hier der Fall gewesen.

Jeder Werbeanruf stellte selbständigen Verstoß gegen Unter­las­sungs­er­klärung dar

Aus Sicht des Bundes­ge­richtshofs habe jeder Werbeanruf einen selbstständigen Verstoß gegen die Unter­las­sungs­er­klärung dargestellt. Die Bundesrichter folgten daher nicht der Ansicht des Unternehmens, wonach die 43 Anrufe zu einer natürlichen Handlungs­einheit zusammengefasst werden müssen und damit nur ein einheitlicher Verstoß vorliegt, da die Kontaktdaten aus einem Gewinnspiel und somit aus einem Datenpaket stammten. Dies beruhte auf den Erwägungen, dass die Unter­las­sungs­er­klärung gerade darauf gerichtet gewesen sei, werbende Telefonanrufe und nicht die Nutzung von Datenpaketen zu unterlassen. Es habe das Interesse an einer wirksamen Abwehr von zukünftigen Verstößen bestanden.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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