21.11.2024
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Urteil16.07.2008BundesgerichtshofVIII ZR 348/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 177, 253Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 177, Seite: 253
  • CR 2008, 720Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2008, Seite: 720
  • MDR 2008, 1264Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2008, Seite: 1264
  • MMR 2008, 731Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2008, Seite: 731
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil16.07.2008

Schutz des Verbrauchers vor Werbung durch E-Mail und SMS ("Payback-Karten-Urteil")Teilun­wirk­samkeit einer formularmäßigen "Opt-out"-Erklärung

Der Bundes­ge­richtshof hatte über einzelne Klauseln des Rabattprogramms Payback zu entscheiden. Dabei haben die Richter den Schutz von Payback-Kunden vor der Nutzung ihrer Daten zu Werbezwecken verbessert. Als unzulässig sahen es die Richter an, dass die Kunden im Vertrags­formular immer dann ein Kreuzchen setzen müssen, wenn sie persönliche Daten nicht für Werbezwecke freigeben wollen. Ohne Kreuzchen wurde dies als Einwilligung gewertet.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen und Verbrau­cher­verbände. Der Beklagte unterhält das Kundenbindungs- und Rabattsystem "Payback". Der Kläger nimmt den Beklagten im Wesentlichen auf Unterlassung der Verwendung dreier Klauseln in Anspruch, die dieser in Papier­for­mularen verwendet, mit denen sich Verbraucher zur Teilnahme am Rabattprogramm anmelden können. Das Berufungs­gericht hat die Verwendung der Klauseln nicht beanstandet.

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision des Klägers hatte zum Teil Erfolg. Mit seinem Urteil hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs eine vom Beklagten verwendete Klausel, die die Einwilligung in die Speicherung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post, E-Mail und SMS betrifft, für unwirksam erklärt, soweit sie E-Mail und SMS betrifft (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Eine Klausel, wonach die Angabe des Geburtsdatums für die Teilnahme am "Payback"-Programm benötigt werde, sowie eine Formu­l­a­r­be­stimmung, die die Meldung der Rabattdaten für die Verwaltung und Auszahlung der Rabatte zum Gegenstand hat, hat der Bundes­ge­richtshof nicht beanstandet, weil sie keine von Rechts­vor­schriften abweichenden Regelungen enthalten (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).

Klausel zur Einwilligung in Werbung und Markforschung

1. Die mit "Einwilligung in Werbung und Markforschung" überschriebene Einwil­li­gungs­klausel lautet: "Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich einverstanden, dass die von mir oben angegebenen Daten sowie die Rabattdaten (Waren/Dienst­leis­tungen, Preis, Rabattbetrag, Ort und Datum des Vorgangs) für an mich gerichtete Werbung (z. B. Informationen über Sonderangebote, Rabattaktionen) per Post und mittels ggfs. von mir beantragter Services (SMS oder E-Mail-Newsletter) sowie zu Zwecken der Marktforschung ausschließlich von der L. Partner GmbH und den Partner­un­ter­nehmen gemäß Nummer 2 der beiliegenden Hinweise zum Datenschutz gespeichert und genutzt werden. ...

? Hier ankreuzen, falls die Einwilligung nicht erteilt wird. ..."

Klausel unterscheidet zwischen Werbung per Post, E-Mail und SMS

Die verwendete Klausel unterscheidet zwischen Werbung per Post, E-Mail und SMS. Im Hinblick auf die Einwilligung in die Speicherung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post war die Bestimmung an den §§ 4 Abs. 1, 4a Abs. 1 des Bundes­da­ten­schutz­ge­setzes (BDSG) zu messen, die besondere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung aufstellen. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Einwil­li­gungs­klausel unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden ist. Aus § 4 a BDSG ergibt sich insbesondere nicht, dass die Einwilligung nur dann wirksam sein soll, wenn sie in der Weise "aktiv" erklärt wird, dass der Verbraucher eine gesonderte Einwilligungserklärung unterzeichnen oder ein für die Erteilung der Einwilligung vorzusehendes Kästchen ankreuzen muss ("Opt-in"-Erklärung). Vielmehr folgt aus § 4 a Abs. 1 Satz 4 BDSG,* dass die Einwilligung auch zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden kann, sofern sie – wie hier – besonders hervorgehoben wird.

Einwil­li­gungs­klausel hinsichtlich der Einwilligung für Werbung durch E-Mail oder SMS unwirksam

Dagegen ist die hier verwendete Einwil­li­gungs­klausel unwirksam, soweit sie sich auf die Einwilligung in die vom Beklagten erstrebte Datennutzung für Werbung durch E-Mail oder SMS bezieht. Insoweit greift zusätzlich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG** stellt unter anderem Werbung unter Verwendung elektronischer Post (E-Mail und SMS) eine unzumutbare Belästigung dar, sofern keine Einwilligung des Adressaten vorliegt. Der VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat - in Abstimmung mit dem für Rechtss­trei­tig­keiten über Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständigen I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs - entschieden, dass Einwil­li­gungs­klauseln, die so gestaltet sind, dass der Kunde tätig werden und ein Kästchen ankreuzen muss, wenn er seine Einwilligung in die Zusendung von Werbung unter Verwendung von elektronischer Post nicht erteilen will ("Opt-out"-Erklärung), mit dieser Vorschrift nicht vereinbar sind. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt, dass die Einwilligung durch eine gesonderte Erklärung erteilt wird ("Opt-in"-Erklärung).

BGH setzt aktive Einwilligung für Werbung voraus und fordert eine "Opt-in"-Erklärung

Das Erfordernis einer gesonderten Erklärung ergibt sich aus der EG-Daten­schutz­richtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG), die der deutsche Gesetzgeber mit der Regelung des § 7 UWG umsetzen wollte. Nach dieser Richtlinie kann die Einwilligung in jeder geeigneten Weise gegeben werden, durch die der Wunsch des Nutzers in einer "spezifischen Angabe" zum Ausdruck kommt. Diese Formulierung macht deutlich, dass eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in die Zusendung von Werbung mittels elektronischer Post bezogene Zustim­mungs­er­klärung des Betroffenen erforderlich ist. Eine solche Erklärung ist nicht schon in der Unterschrift zu sehen, mit der der Kunde das auf Rabattgewährung gerichtete Vertragsangebot annimmt.

BGH: Keine Einwilligung für Werbung jeglicher Art

Eine gesonderte Einwil­li­gungs­er­klärung sieht das von dem Beklagten verwendete Anmeldeformular nicht vor. Der Verbraucher kann in dem Formular zwar seine E-Mail-Adresse oder Mobilfunknummer angeben. Damit willigt er nach der Formu­la­r­ge­staltung aber nur in die elektronische Information über "Extra-Punktechancen, Top-Aktionen und Neuigkeiten zu Payback …" ein, nicht aber in die Zusendung von Werbung jeglicher Art durch elektronische Post.

Nach Geburtsdatum darf gefragt werden

2. Die zweite, vom Kläger allerdings ohne Erfolg angegriffene Klausel sieht vor: "Wenn Sie am Payback Programm teilnehmen, werden ... Ihr Geburtsdatum ... benötigt. …"

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass diese Bestimmung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhalts­kon­trolle unterliegt. Die Angabe des Geburtsdatums dient der Zweckbestimmung des Vertrags des Beklagten mit dem Verbraucher (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BDSG).*** Schon angesichts der Vielzahl der Teilnehmer am Payback-Programm gehört eine praktikable und gleichzeitig sichere Methode der Identifizierung der Programm­teil­nehmer zu den Vertragszwecken. Die Angabe des vollständigen Geburtsdatums ist bei einem Bonusprogramm, welches nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts rund dreißig Millionen Teilnehmer hat, zur Vermeidung von Identi­täts­ver­wechs­lungen in besonderer Weise geeignet.

Erworbene Waren und Dienst­leis­tungen darf das Geschäft weiter melden

3. Die dritte Klausel, die Gegenstand des Revisi­ons­ver­fahrens war, lautet: "Setzen Sie Ihre Payback-Karte bei einem Partner­un­ter­nehmen ein, so meldet dieses die Rabattdaten (Waren/Dienst­leis­tungen ...) an L. Partner zur Gutschrift, Abrechnung gegenüber den Partner­un­ter­nehmen, Verwaltung und Auszahlung der Rabatte."

Der Bundes­ge­richtshof hat die Auffassung des Berufungs­ge­richts bestätigt, dass auch diese Formu­l­a­r­be­stimmung nicht der Inhalts­kon­trolle unterliegt (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Mitteilung der Rabattdaten durch das Partner­un­ter­nehmen dient, auch soweit es um eine Mitteilung der von den Teilnehmern unter Einsatz der Payback-Karte erworbenen Waren und Dienst­leis­tungen geht, ebenfalls der Zweckbestimmung des Vertrags­ver­hält­nisses des Beklagten mit den Teilnehmern des Rabatsystems (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BDSG). Die dem Bonusprogramm angeschlossenen Partner­un­ter­nehmen können von einer Vielzahl unter­schied­licher Rabat­tie­rungs­mög­lich­keiten Gebrauch machen, die speziell von der jeweiligen Ware bzw. Dienstleistung abhängen können. Angesichts dessen bedarf der Beklagte der Kenntnis der vom Kunden bei dem Partner­un­ter­nehmen erworbenen Waren bzw. in Anspruch genommenen Dienst­leis­tungen, um den Kunden über deren Punktestand vollständig, richtig, verständlich und nachprüfbar Auskunft geben zu können.

Auszug aus den Gesetzen:

* § 4 a Abs. 1 Satz 4 BDSG lautet: "Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben."

** § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG bestimmt: "Eine unzumutbare Belästigung ist insbesondere anzunehmen bei einer Werbung unter Verwendung von automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten vorliegt."

*** § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG regelt: "Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln perso­nen­be­zogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig, wenn es der Zweckbestimmung eines Vertrags­ver­hält­nisses … mit dem Betroffenen dient."

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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