21.11.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 13172

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Urteil19.05.2010BundesgerichtshofI ZR 140/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2010, 2705Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2010, Seite: 2705
  • GRUR 2010, 1120Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2010, Seite: 1120
  • MDR 2011, 247Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 247
  • MMR 2011, 138Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 138
  • NJW-RR 2011, 335Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2011, Seite: 335
  • WRP 2010, 1495Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2010, Seite: 1495
  • ZIP 2010, 2264Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2010, Seite: 2264
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Münster, Urteil30.01.2008, 16 O 509/07
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil17.07.2008, 4 U 60/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.05.2010

Wettbe­wer­bs­rechtliche Abmahnung kann auch ohne Vorlage einer Vollmacht wirksam seinIn Verbindung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­trages kann Abmahnung nicht zurückgewiesen werden

Nach § 174 BGB wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevoll­mäch­tigter einem anderen gegenüber vornimmt, nicht wirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachts­urkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. In Verbindung mit dem Entwurf eines Unter­wer­fungs­ver­trages verliert diese Vorschrift jedoch ihre Gültigkeit, da die Abmahnung dazu dient, dem Schuldner die Möglichkeit einzuräumen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im vorliegenden Fall klagte ein Gebraucht­wa­gen­händler gegen einen Konkurrenten, der ein Inserat über zwei Fahrzeuge mit dem Zusatz "Dieser Preis ist ohne Garantie bzw. Gewährleistung" versah. Der Kläger sah in dem Hinweis einen Verstoß gegen zwingende Gewähr­leis­tungs­vor­schriften des Verbrauchs­gü­terkaufs. Sein Anwalt mahnte den Beklagten wegen eines Wettbe­wer­bs­ver­stoßes ab und forderte ihn zur Abgabe einer Unter­las­sungs­er­klärung und zur Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von rund 1000 Euro auf. Dem Schreiben beigefügt waren eine vorformulierte Unterwerfungserklärung und eine anwaltliche Gebüh­ren­rechnung. Der Beklagte wies die Abmahnung als in der Sache unberechtigt zurück und bemängelte, dass der Abmahnung keine Vollmachts­urkunde beigefügt gewesen sei.

Anwendung des § 174 Satz 1 BGB kommt nicht in Betracht, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­trages verbunden ist

Der Bundes­ge­richtshof führte aus, dass nach § 174 BGB ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam sei, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachts­urkunde nicht vorlege und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweise. Die Anwendung des § 174 Satz 1 BGB komme nach Meinung des Bundes­ge­richtshofs jedoch nicht in Betracht, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­trages verbunden sei, weil die Abmahnung in diesem Fall auf den Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­trages gerichtet sei. Die Abmahnung diene dazu, dem Schuldner die Möglichkeit einzuräumen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Der Schuldner könne das Angebot zum Abschluss des Unter­wer­fungs­ver­trages annehmen, wenn er die Abmahnung in der Sache als berechtigt ansehe. Dieser Vertrag mit dem Gläubiger komme zustande, wenn der Vertreter über Vertre­tungsmacht verfüge. Fehlt diese, könne der Schuldner den Gläubiger zur Erklärung über die Genehmigung auffordern. In Fällen, in denen der Schuldner Zweifel an der Vertre­tungsmacht habe, könne er die Unter­wer­fungs­er­klärung von der Vorlage einer Vollmachts­urkunde abhängig machen.

Beklagter kann günstigere Preise als Konkurrent durch Gewähr­leis­tungs­aus­schluss anbieten

Der angekündigte Gewähr­leis­tungs­aus­schluss verstoße gegen § 475 Abs. 1 BGB und stelle eine unlautere Wettbe­wer­bs­handlung nach §§ 3,4 Nr. 11 UWG dar. Die Vereinbarung eines Gewähr­leis­tungs­aus­schlusses sei geeignet, dem Unternehmer Kosten zur ersparen, indem er den Verbraucher davon abhalte, seine Gewähr­leis­tungs­ansprüche geltend zu machen. Der Unternehmer könne dadurch in die Lage versetzt werden, günstigere Preise zu kalkulieren. Die Bestimmung des § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB setze Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments um. Die Vorschriften dienten neben der Stärkung des Vertrauens der Verbraucher dem Abbau von Wettbe­wer­bs­ver­zer­rungen und der besseren Nutzung der Vorzüge des Binnenmarktes. Die Vorschrift habe daher auch eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/st)

der Leitsatz

UWG § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 1 Satz 2; BGB § 174 Satz 1, § 475 Abs. 1 Satz 1; RVG VV Nr. 2300

a) Die Vorschrift des § 174 Satz 1 BGB ist auf die wettbe­wer­bs­rechtliche Abmahnung nicht anwendbar, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unter­wer­fungs­ver­trages verbunden ist.

b) Enthält eine Werbeanzeige die Ankündigung der Vereinbarung eines Gewähr­leis­tungs­aus­schlusses, der mit § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht in Einklang steht, begründet dies die für einen Unter­las­sungs­an­spruch nach § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG erforderliche Erstbe­ge­hungs­gefahr für einen Verstoß nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 437, 475 Abs. 1 Satz 1 BGB.

c) Der Rechtsanwalt erhält in einem durch­schnitt­lichen Fall für eine wettbe­wer­bs­rechtliche Abmahnung eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV nicht unterhalb einer 1,3-fachen Gebühr.

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