21.11.2024
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Dokument-Nr. 15197

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Beschluss06.02.2012BundesgerichtshofI ZR 124/11
Vorinstanzen:
  • Landgericht München I, Urteil14.10.2009, 21 O 22196/08, MMR 2010, 341
  • Oberlandesgericht München, Urteil09.06.2011, 6 U 5037/09
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Bundesgerichtshof Beschluss06.02.2012

Bundes­ge­richtshof legt Europäischen Gerichthof Frage zum Schutz von Schutzmaßnahmen für Videospiele vorBeklagte boten nachgebildete Adapter für Nintendo-DS-Konsolen im Internet an

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, nach welchen Regeln sich der Schutz technischer Maßnahmen zum Schutz urheber­rechtlich geschützter Videospiele richtet.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin produziert und vertreibt Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Sie ist Inhaberin der urheber­recht­lichen Schutzrechte an den Compu­ter­pro­grammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken, die Bestandteil der Videospiele sind. Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo-DS-Konsole passenden Speicherkarten angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden.

Raubkopien mit Adapter auf Micro-SD-Karte oder eingebauten Speicher­baustein übertragbar

Die Beklagten boten im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den originalen Speicherkarten in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicher­baustein ("Flash-Speicher"). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie solche Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese sodann entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicher­baustein des Adapters.

Ausbreitung der Adapter soll gestoppt werden

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 95 a Abs. 3 UrhG; diese Bestimmung regelt den Schutz wirksamer technischer Maßnahmen, die ihrerseits dem Schutz urheber­rechtlich geschützter Werke dienen. Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung der Karten in Anspruch genommen.

BGH: Verstoß gegen § 95 a Abs. 3 UrhG

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungs­gericht hat angenommen, der Vertrieb der Adapter verstoße gegen § 95 a Abs. 3 UrhG. Das aufeinander abgestimmte Format der von der Klägerin hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerke dar. Mit der vom Bundes­ge­richtshof zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

EuGH soll vorab über Anwendbarkeit der Vorschrift entscheiden

Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. § 95 a Abs. 3 UrhG setzt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG nahezu wörtlich ins deutsche Recht um. Beide Bestimmungen regeln den Schutz von Maßnahmen zum Schutz urheber­rechtlich geschützter Werke. Für den Schutz von Maßnahmen zum Schutz von Compu­ter­pro­grammen sehen allerdings die Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2009/24/EG und die zu ihrer Umsetzung ergangene Bestimmung des § 69 f Abs. 2 UrhG eine besondere - weniger weitreichende - Regelung vor. Zudem bestimmt Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG, dass die Richtlinie 2001/29/EG - und damit auch deren Art. 6 Abs. 2 - die bestehenden gemein­schafts­recht­lichen Bestimmungen über den rechtlichen Schutz von Compu­ter­pro­grammen unberührt lässt. Die zur Umsetzung dieser Vorschrift dienende Regelung des § 69 a Abs. 5 UrhG bestimmt unter anderem, dass die Regelung des § 95 a Abs. 3 UrhG nicht auf Compu­ter­pro­gramme anwendbar ist. Die von der Klägerin vertriebenen Videospiele bestehen nicht nur aus Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken; vielmehr liegen ihnen auch Compu­ter­pro­gramme zugrunde. Deshalb stellt sich die Frage, ob sich der Schutz von Maßnahmen zum Schutz solcher "hybriden Produkte" wie insbesondere Videospiele nach den speziell für Compu­ter­pro­gramme oder nach den allgemein für Werke geltenden Bestimmungen richtet oder ob sowohl die einen wie auch die anderen Bestimmungen anwendbar sind. Da diese Frage die Auslegung des Unionsrechts betrifft, hat der BGH sie dem EuGH zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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