15.11.2024
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Dokument-Nr. 14202

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Urteil20.09.2012BundesgerichtshofI ZR 116/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 2013, 88Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 88
  • NJW 2013, 72Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 72
  • NVwZ 2012, 1568Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2012, Seite: 1568
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil20.09.2012

Post muss Publikation der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag als Postwurfsendung verteilenBGH verurteilt Deutsche Post zum Abschluss eines Rahmenvertrags über Beförderung der Druckschrift der NPD

Die Deutsche Post AG ist verpflichtet, die Publikation "Klartext" der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag als Postwurfsendung zu verteilen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die NPD-Fraktion gibt eine Druckschrift mit dem Titel "Klartext" heraus, in der über ihre Fraktionsarbeit und über aktuelle politische Themen berichtet wird. Die Publikation soll in einer Auflage von 200.000 Stück in Leipzig an alle Haushalte mit Tagespost verteilt werden. Die NPD-Fraktion hält die Deutsche Post für verpflichtet, mit ihr einen entsprechenden Rahmenvertrag über die Beförderung und Verteilung der Publikation als Postwurfsendung abzuschließen. Die Deutsche Post meint, es bestehe kein Beför­de­rungszwang, weil die zu verteilende Publikation nicht konkret adressiert werde. Es handele sich bei dem Druckwerk lediglich um eine Postwurfsendung, deren Verteilung keiner Regulierung unterliege.

Die NPD-Fraktion hat die Deutsche Post vor dem Landgericht Leipzig verklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das OLG Dresden hat die Berufung der NPD-Fraktion zurückgewiesen.

Beförderung der Druckschrift ist Teil der von der Deutschen Post zu erbringenden Univer­sa­l­dienst­leistung

Der Bundes­ge­richtshof hat das Urteil des Berufungs­ge­richts aufgehoben und die Beklagte zum Abschluss eines Rahmenvertrags über die Beförderung der Druckschrift verurteilt. Die Beklagte ist zur Beförderung nach § 2 Postdienst­leis­tungs­ver­ordnung (PDLV)* verpflichtet. Um die flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen sicherzustellen, sieht die gesetzliche Regelung vor, dass die Lizenzträger, zu denen die Deutsche Post zählt, verpflichtet sind, bestimmte Postdienst­leis­tungen, sogenannte Univer­sa­l­dienst­leis­tungen, zu erbringen. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die hier nachgefragte Leistung eine solche Univer­sa­l­dienst­leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Postuni­ver­sa­l­dienst­leis­tungs­ver­ordnung (PUDLV)** darstellt. Bei der Publikation handelt es sich um eine periodisch erscheinende Druckschrift, die zu dem Zweck herausgegeben wird, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit oder Fachfragen durch presseübliche Berich­t­er­stattung zu unterrichten. Entgegen der Ansicht des Berufungs­ge­richts darf der Umstand, dass die Publikation der Werbung für die Politik und Arbeit der Klägerin dient, auf die Entscheidung keinen Einfluss haben. Die Einordnung als Universaldienst verfolgt mit dem dadurch bestimmten Beför­de­rungszwang das Ziel, zur Förderung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteten Pressefreiheit Erzeugnisse der Presse dem Empfänger so günstig wie möglich zuzuführen. Die Pressefreiheit begründet für den Staat jedoch eine inhaltliche Neutra­li­täts­pflicht, die jede Differenzierung nach Meinungs­in­halten verbietet. Den Einwand der Deutschen Post, dass es sich bei der in Rede stehenden Publikation nicht um eine periodisch erscheinende Druckschrift handelt, hat der BGH nicht gelten lassen. Ausreichend hierfür ist, dass die Druckschrift nach ihrer Aufmachung - anders als ein Flugblatt - auf das für eine Zeitung oder Zeitschrift übliche periodische Erscheinen angelegt ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie trotz dieser Aufmachung nur gelegentlich publiziert werden soll. Das ist hier der Fall. Dass es in der Vergangenheit aufgrund der Weigerung der Deutschen Post bei der Verteilung zu Schwierigkeiten gekommen ist, kann der klagenden Fraktion nicht entge­gen­ge­halten werden.

Beför­de­rungs­pflicht besteht nicht bei Inhalten, die gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen oder rassen­dis­kri­mi­nie­rendes Gedankengut enthalten

Auch der Umstand, dass die fraglichen Druckschriften nicht adressiert sind, steht der Einordnung als Univer­sa­l­dienst­leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 PUDLV, § 4 Nr. 1 Buchst. c PostG*** nicht entgegen. Soweit der Empfängerkreis hinreichend bestimmt ist, unterliegt die Beförderung von nicht adressierten Sendungen keinen für die Beklagte unzumutbaren Schwierigkeiten und trägt dem Bedürfnis Rechnung, auch die Beförderung von Massen­druck­sachen zu ermöglichen, die sich an eine Vielzahl von Empfängern richten. Ausgeschlossen wäre die Beförderung allerdings dann, wenn besondere Ausschluss­gründe vorliegen, etwa weil der Inhalt der Publikation gegen strafrechtliche Bestimmungen verstößt (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 PUDLV) oder rassen­dis­kri­mi­nie­rendes Gedankengut enthält (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 PUDLV). Dazu hatte die Deutsche Post jedoch nichts vorgetragen.

*§ 1 PUDLV - Universaldienst

Erläuterungen
(1) Als Univer­sa­l­dienst­leis­tungen werden folgende Postdienst­leis­tungen bestimmt:

1. […]

2. […]

3. die Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften im Sinne des § 4 Nr. 1 Buchstabe c des Gesetzes. Hierzu zählen periodisch erscheinende Druckschriften, die zu dem Zwecke herausgegeben werden, die Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeit- oder Fachfragen durch presseübliche Berich­t­er­stattung zu unterrichten.

**§ 3 PDLV - Kontra­hie­rungszwang bei Univer­sa­l­dienst­leis­tungen

Soweit ein Unternehmen Postdienst­leis­tungen aufgrund einer Verpflichtung zum Universaldienst nach § 13 oder § 14 des Postgesetzes oder diese Leistungen nach § 56 des Postgesetzes erbringt, hat der Kunde gegen dieses Unternehmen im Rahmen der Gesetze und der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen einen Anspruch auf Erbringung der entsprechenden Leistungen.

***§ 4 PostG - Begriffs­be­stim­mungen

Für dieses Gesetz gelten die folgenden Begriffs­be­stim­mungen:

1. Postdienst­leis­tungen im Sinne dieses Gesetzes sind folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienst­leis­tungen:

a) die Beförderung von Briefsendungen,

b) die Beförderung von adressierten Paketen, deren Einzelgewicht 20 Kilogramm nicht übersteigt, oder

c) die Beförderung von Büchern, Katalogen, Zeitungen oder Zeitschriften, soweit sie durch Unternehmen erfolgt, die Postdienst­leis­tungen nach Buchstabe a oder b erbringen.

2. Briefsendungen sind adressierte schriftliche Mitteilungen. Kataloge und wiederkehrend erscheinende Druckschriften wie Zeitungen und Zeitschriften sind keine schriftlichen Mitteilungen im Sinne des Satzes 1. Mitteilungen, die den Empfänger nicht mit Namen bezeichnen, sondern lediglich mit einer Sammel­be­zeichnung von Wohnung oder Geschäftssitz versehen sind, sind nicht adressiert im Sinne des Satzes 1.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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