21.11.2024
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Dokument-Nr. 20482

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Urteil27.10.2014BundesgerichtshofAnwZ (Brfg) 67/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AnwBl 2015, 91Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2015, Seite: 91
  • BRAK-Mitt 2015, 45Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2015, Seite: 45
  • NJW 2015, 72Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 72
  • NJW-Spezial 2014, 734 (Christian Dahns)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 734, Entscheidungsbesprechung von Christian Dahns
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Vorinstanz:
  • Anwaltsgerichtshof NRW, Urteil06.09.2013, 2 AGH 3/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil27.10.2014

Abbildungen von sexua­li­sie­render körperlicher Gewalt: Rechtsanwalt darf nicht mit "Schockwerbung" auf seine Tätigkeit aufmerksam machenVerstoß gegen anwaltliches Sachlich­keitsgebot (§ 43 b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA)

Wirbt ein Rechtsanwalt mit Bildern von sexua­li­sie­render körperlicher Gewalt, so ist die auf Schock ausgerichtete Werbung unzulässig. Es liegt insofern ein Verstoß gegen das anwaltliche Sachlich­keitsgebot (§ 43 b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA) vor. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt wollte mit Hilfe von Kaffeetassen auf seine anwaltliche Tätigkeit aufmerksam machen. Dazu verwendete er verschiedene Abbildungen mit dazugehörigen Texten. Die erste Abbildung stellte ein mit einer diagonal verlaufenden roten Linie durch­ge­stri­chenes Foto dar und zeigte eine Frau, die ein auf ihren Knien liegendes, schreiendes Mädchen mit einem Gegenstand auf das nackte Gesäß schlug. Daneben stand: "Körperliche Züchtigung ist verboten (§ 1631 Abs. 2 BGB)". Eine zweite Abbildung in Form einer Karikatur zeigte einen rauchenden Mann, der einer auf seinen Knien liegenden erwachsenen Frau mit einem Gegenstand auf das nackte Gesäß schlug. Daneben befand sich der Text: "Wurden Sie Opfer einer Straftat?". Bei der dritten Abbildung handelte es sich wieder um ein Foto mit einer jungen Frau, die sich offenbar aus Verzweiflung den Mündungslauf einer Schusswaffe unter das Kinn hält. Daneben stand: "Nicht verzagen, R. fragen". Die zuständige Rechts­an­walts­kammer hielt die Werbung für unzulässig und verbot sie. Dagegen richtete sich die Klage des Rechtsanwalts. Der Anwalts­ge­richtshof Nordrhein-Westfalen gab dieser nicht statt, so dass der Anwalt Berufung einlegte.

Verstoß gegen Sachlich­keitsgebot aufgrund reißerischer und sexua­li­sie­render Werbung

Der Bundes­ge­richtshof entschied gegen den Rechtsanwalt. Aus Sicht der Bundesrichter habe die beabsichtigte Werbung gegen das anwaltliche Sachlichkeitsgebot (§ 43 b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA) verstoßen. Zwar dürfe ein Rechtsanwalt mit Bildern oder Fotografien werben und dazu Tassen als Werbeträger verwenden. Zudem sei Ironie und Sprachwitz als Stilmittel zulässig. Unzulässig sei es aber, wenn die Werbung darauf abzielt, durch ihre reißerische bzw. sexualisierende Ausgestaltung die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen und dadurch der vorhandene Infor­ma­ti­o­nswert in den Hintergrund tritt oder nicht erkennbar ist. Dies sei hier der Fall gewesen.

Sexuelle Darstellung eines nackten und misshandelten Kindes unzulässig

Der Bundes­ge­richtshof hielt den Text zur ersten Abbildung grundsätzlich für zulässig, da er für sich genommen einen gewissen Infor­ma­ti­o­ns­gehalt besitze. Jedoch lasse seiner Ansicht nach die Nacktheit des Kindes den Schluss zu, dass bei einem Betrachter auch sexuelles Interesse geweckt werden soll. Eine solche reißerische und sexualisierende Werbung beeinträchtigte das Ansehen des Anwaltsberufs.

Sexuelle und lächerliche Darstellung von häuslicher Gewalt ebenfalls unzulässig

Als ebenso unzulässig wertete der Bundes­ge­richtshof die zweite Abbildung. Denn dadurch werden nach Auffassung der Bundesrichter die Opfer von häuslicher Gewalt abgewertet sowie lächerlich gemacht und somit für die Werbebotschaft missbraucht. Hinzu sei die stark sexualisierende Darstellung gekommen.

Unangemessene Ironisierung aufgrund Abbildung eines potentiellen Suizids

In der Abbildung eines potentiellen Suizids sah der Bundes­ge­richtshof eine unangemessene Ironisierung und somit eine reißerische Aufmachung. Durch die Abbildung und dem Text sei eine umfassende Hilfe in allen denkbaren Lebensbereichen suggeriert worden, die der Rechtsanwalt nicht habe leisten können. Es habe sowohl an einem Hinweis auf das Berufsbild des Rechtsanwalts als auch auf ein konkretes Tätigkeitsfeld des Rechtsanwalts gefehlt.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb).

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