Bundesgerichtshof Urteil03.07.2017
BGH: Rechtsanwalt darf "Schockwerbung" nicht über eigens dafür gegründete Gesellschaft verbreitenAnwaltliches Sachlichkeitsgebot verbietet Mitwirkung an unzulässiger Werbung durch Dritte
Ein Rechtsanwalt verstößt gegen das anwaltliche Sachlichkeitsgebot aus § 43 b der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 6 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), wenn er eine Gesellschaft gründet, die mit Bildern von sexualisierender körperlicher Gewalt Schockwerbung betreiben soll. Aufgrund des Sachlichkeitsgebots darf ein Rechtsanwalt nicht daran mitwirken, dass Dritte für ihn Werbung betreiben, die für ihn selbst verboten ist (§ 6 Abs. 3 BORA). Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Rechtsanwalt Anfang des Jahres 2013 versucht mittels einer "Schockwerbung" auf Kaffeetassen Werbung für seine Kanzlei zu betreiben. Die zuständige Rechtsanwaltskammer hielt die Werbung für unzulässig und verbot sie. Das Verbot wurde schließlich durch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 05.03.2015 (1 BvR 3362/14) als zulässig erachtet. Im März 2015 startete der Rechtsanwalt einen zweiten Versuch. Er hatte nunmehr eigens eine Unternehmergesellschaft gegründet, um über diese die "Schockwerbung" auf den Kaffeetassen verbreiten zu können. Seiner Meinung nach unterliege die Gesellschaft nicht der Berufsaufsicht durch die Rechtsanwaltskammer. Diese sah das anders und beanstandete abermals die beabsichtigte Werbung. Die dagegen erhobene Klage bliebt vor dem Anwaltsgerichtshof Hamm erfolglos, so dass nunmehr der Bundesgerichtshof entscheiden musste.
Verbreitung von "Schockwerbung" über Dritte unzulässig
Der Bundesgerichtshof entschied gegen den Rechtsanwalt und wies daher seine Berufung zurück. Die beabsichtigte Werbemaßnahme stelle einen Verstoß gegen anwaltliches Berufsrecht dar. Es sei unzutreffend, dass die Gesellschaft nicht der Berufsaufsicht der Rechtsanwaltskammer unterliege, da sie nicht Mitglied der Kammer sei. Denn ein Rechtsanwalt dürfe infolge des durch § 43 b BRAO, § 6 Abs. 1 BORA ausgeformten berufsrechtlichen Sachlichkeitsgebot nicht daran mitwirken, dass Dritte für ihn Werbung betreiben, die für ihn selbst verboten sei (§ 6 Abs. 3 BORA). So habe der Fall hier hingegen gelegen.
Unzulässige Umgehung des Sachlichkeitsgebots
Die vom Rechtsanwalt beabsichtigte Werbung sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs mit dem berufsrechtlichen Gebot sachlicher und berufsbezogener Unterrichtung nicht vereinbar und daher unzulässig (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.2014 - AnwZ (Brfg) 67/13 -). Dem Rechtsanwalt sei es daher versagt, dieses Verbot dadurch zu umgehen, dass er als Geschäftsführer einer eigens dafür gegründeten Gesellschaft darauf hinwirke, die für ihn unzulässige Werbung nun durch diese Gesellschaft vornehmen zu lassen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.08.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)