18.10.2024
18.10.2024  
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Dokument-Nr. 33746

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Bundesgerichtshof Urteil15.02.2024

Geheimnisverrat: Polizist muss erneut vor GerichtRevision der Staats­an­walt­schaft überwiegend erfolgreich

Die mutmaßliche Verletzung von Dienst­ge­heim­nissen durch einen früheren Polizei­gewerkschafter aus Schleswig-Holstein wird teilweise neu verhandelt. Vor allem über die Freisprüche in einigen Fällen muss das Landgericht Lübeck noch einmal entscheiden, wie der Bundes­ge­richtshofs (BGH) entschied. Er hob das Lübecker teilweise auf.

Das Landgericht hat den Angeklagten unter anderem wegen der Verletzung des Dienst­ge­heim­nisses in sieben Fällen, wegen unerlaubten Verarbeitens perso­nen­be­zogener Daten in drei Fällen und wegen Verletzung von Privat­ge­heim­nissen in zwei Fällen zu einer Gesamt­geldstrafe von 330 Tagessätzen zu jeweils 40 Euro verurteilt und ihn von vier weiteren Vorwürfen der Verletzung des Dienst­ge­heim­nisses freigesprochen. Nach den Feststellungen des Landgerichts informierte der angeklagte Polizeibeamte von Juli 2018 bis August 2019 mehrfach einen befreundeten Journalisten über aktuelle Fahndungs- und Ermitt­lungs­maß­nahmen, über Disziplinar- und Mitbe­stim­mungs­ver­fahren und andere polizeiinterne Vorgänge, die ihm dienstlich oder als Mitglied des Haupt­per­so­nalrats der Landespolizei und des Vorstands einer Polizei­ge­werk­schaft bekannt geworden waren. Er habe dabei in vielen Fällen die Öffent­lich­keits­arbeit der Staats­an­walt­schaft kritisieren und dem öffentlichen Ansehen missliebiger Personen innerhalb der Polizeiführung schaden wollen.

LG-Urteil zu milde

Der BGH gab der Revision der Staats­an­walt­schaft ganz überwiegend statt. Als rechts­feh­lerhaft hat sich dabei insbesondere die Annahme des Landgerichts erwiesen, dass es durch die Infor­ma­ti­o­ns­wei­tergabe des Angeklagten in fünf Fällen nicht zu der für eine Verurteilung wegen Verletzung des Dienst­ge­heim­nisses (§ 353 b Abs. 1 StGB) erforderlichen Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen gekommen sei. Weil die Infor­ma­ti­o­ns­wei­tergaben in diesen Fällen keine konkreten polizeilichen Maßnahmen oder Verfahren beeinträchtigt hätten, hatte die Strafkammer den Angeklagten in drei Fällen freigesprochen und in zwei Fällen nur wegen anderer, weniger schwerwiegender Delikte verurteilt. Ihre Prüfung der Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen war nicht am zutreffenden rechtlichen Maßstab ausgerichtet. Sie hat angenommen, die bloße abstrakte Eignung eines Geheimnisbruchs, das Ansehen der Landespolizei und das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine sachgerechte Amtsführung zu erschüttern, reiche für die Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen nicht aus. Dabei hat sie aber weder die herausgehobene dienstliche Stellung des Angeklagten noch den fortgesetzten Geheimnisverrat im Rahmen einer auf Dauer angelegten Zweckbeziehung zu einem Journalisten berücksichtigt.

Schuldspruch aufgehoben

Der BGH hat deshalb die Freisprüche und - soweit der Angeklagte nur wegen weniger schwerwiegender Delikte verurteilt worden ist - den Schuldspruch aufgehoben. Der Freispruch des Angeklagten hat in dem verbleibenden Fall ebenfalls keinen Bestand, weil sich die Begründung des Landgerichts, der Angeklagte habe in diesem Fall die weitergegebenen Informationen nicht dienstlich, sondern über eine Chatgruppe und damit privat erlangt, als nicht tragfähig erwiesen hat. Allein das Medium der Kommunikation kann eine außer­dienstliche Kennt­ni­ser­langung nicht belegen. Der Bundes­ge­richtshof hat auf die Revision der Staats­an­walt­schaft zudem den Strafausspruch im Übrigen aufgehoben, weil die Strafzumessung durchgreifende Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten aufwies. Die Revision des Angeklagten hatte hingegen nur in zwei Fällen Erfolg und erwies sich im Übrigen als unbegründet. In einem Fall hat der Bundes­ge­richtshof die Verurteilung aufgehoben, weil es an dem für die Strafverfolgung wegen Verletzung von Privat­ge­heim­nissen (§ 203 StGB) nach § 205 StGB erforderlichen Strafantrag des Verletzten fehlte. In einem weiteren Fall hat das Landgericht seine Annahme, der Angeklagte habe in Schädi­gungs­absicht gehandelt, nicht mit Feststellungen unterlegt. Der BGH hat die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Lübeck zurückverwiesen. Soweit die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staats­an­walt­schaft Erfolg hatte, darf das Urteil dabei auch zum Nachteil des Angeklagten geändert werden (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO).

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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