Dokument-Nr. 27983
Permalink https://urteile.news/
- AnwBl 2018, 621Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2018, Seite: 621
- NJW 2018, 3123Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 3123
- NJW-Spezial 2018, 633Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 633
- NStZ 2018, 678Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2018, Seite: 678
Bundesgerichtshof Beschluss20.06.2018
BGH: Anonymisierte Strafurteile an Private nur bei berechtigtem Interesse und nicht entgegenstehendem schutzwürdigem Interesse des BetroffenenAnspruchsgrundlage ist § 475 StPO
Privatpersonen haben nur dann einen Anspruch auf Herausgabe anonymisierter Strafrechtsurteile nach § 475 StPO, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegen und wenn dem Anspruch keine schutzwürdigen Interessen von Betroffenen entgegenstehen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall wollte eine Privatperson eine anonymisierte Fassung eines Strafurteils vom Landgericht Kiel. Die Staatsanwaltschaft Kiel lehnte den Antrag des Bürgers ab. Da der Bürger weiterhin seinen Anspruch geltend machte, musste schließlich der Bundesgerichtshof eine Entscheidung treffen.
Anspruch auf Überlassung von anonymisierten Strafurteilen
Der Bundesgerichtshof führte zum Fall aus, dass eine Privatperson nur nach § 475 StPO einen Anspruch auf Überlassung anonymisierter strafgerichtlicher Urteile zu stehen könne. Danach können Auskünfte aus Akten an nichtverfahrensbeteiligten Privatpersonen nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt werden, sofern dafür ein berechtigtes Interesse darlegt wird und keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen der Auskunft entgegenstehen. Aus der Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen lasse sich für private Dritte kein neben § 475 StPO tretender voraussetzungsloser Anspruch auf Herausgabe einer anonymisierten Urteilsabschrift herleiten.
Kein Vergleich mit Medienvertretern
Zwar sei eine Überlassung von Urteilen an Medienvertreter unter wenigen strengen Voraussetzungen möglich, so der Bundesgerichtshof. Dies habe seine Rechtfertigung aber darin, dass den Medienvertretern eine besondere Verantwortung im Umgang mit den erhaltenen Informationen obliegt. Die ihnen zukommenden Sorgfaltspflichten können nicht generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen gerichtlicher Entscheidungen gemacht werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.10.2019
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss27983
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.