24.11.2024
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Dokument-Nr. 5020

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Beschluss19.10.2007Bundesgerichtshof3 StR 378/07
Vorinstanz:
  • Landgericht Hannover, Urteil18.05.2007, 58 a 5/06
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Bundesgerichtshof Beschluss19.10.2007

BGH: Nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung dient nicht der Korrektur früherer, fehlerhafter EntscheidungenNachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung darf nicht auf bei Erstver­ur­teilung bekannten Umständen gestützt werden

Die nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung kann nur dann angeordnet werden, wenn sie sich darauf stützt, dass die Gefährlichkeit des Verurteilten erst nach seiner Verurteilung entstanden bzw. erkennbar geworden ist. Sie darf nicht auf Tatsachen gestützt werden, die schon bei der ursprünglichen Verurteilung bekannt waren bzw. bei pflichtgemäßer Untersuchung erkennbar gewesen wären. Aus diesem Grund hat der Bundes­ge­richtshof die Anordnung der nachträglichen Siche­rungs­ver­wahrung im Fall eines wegen Raub- und Sexualdelikten verurteilten Mannes aufgehoben.

Der Bundes­ge­richtshof hat in einem Fall, der in Niedersachsen Aufsehen erregt, die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gegen einen sechzigjährigen Verurteilten aufgehoben. Der seit über 40 Jahren massiv und einschlägig vorbestrafte Mann war 1993 vom Landgericht Hannover wegen einer Serie von Raub- und Sexualdelikten, die er unmittelbar im Anschluss an eine vorangegangene Haftentlassung begangen hatte, zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von 14 Jahren verurteilt worden. Das Landgericht hatte damals die Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung abgelehnt, weil es - den Ausführungen des Sachver­ständigen folgend - die Taten nur als Gelegen­heit­staten angesehen und einen Hang des Verurteilten zur Begehung erheblicher Straftaten verneint hatte. Da es Anhaltspunkte gibt, dass der Verurteilte nach wie vor für die Allgemeinheit gefährlich ist, hat das Landgericht nunmehr die nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung gegen ihn angeordnet. Diese Entscheidung konnte keinen Bestand haben.

BGH zu den Voraussetzungen der Anordnung der nachträglichen Siche­rungs­ver­wahrung

Allerdings besteht - während nach dem früheren Recht die Siche­rungs­ver­wahrung nur zeitgleich mit der Verurteilung eines gefährlichen Hangtäters angeordnet werden konnte - seit 2004 die gesetzliche Möglichkeit (§ 66 b StGB), gegen Personen, die wegen erheblicher Delikte zu Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, nachträglich die Siche­rungs­ver­wahrung anzuordnen, wenn sich nach der Verurteilung herausstellt, dass sie besonders gefährlich sind und deswegen ihre Entlassung nach vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe nicht verantwortet werden kann. Zwingende gesetzliche Voraussetzung ist aber, dass sich die Gefährlichkeit des Verurteilten aus Tatsachen ergibt, die nach seiner Verurteilung entstanden oder erkennbar geworden sind. Auf Tatsachen, die schon bei der ursprünglichen Verurteilung bekannt oder bei pflichtgemäßer Untersuchung des Falles erkennbar waren, kann die nachträgliche Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung nach dem Gesetz nicht gestützt werden.

Gefährlichkeit des Täters war bereits 1993 erkennbar

In dem konkreten Fall waren bei der Verurteilung des Täters im Jahre 1993 für das Landgericht alle Umstände erkennbar, auf die jetzt die Anordnung der nachträglichen Siche­rungs­ver­wahrung gestützt worden ist. Es spricht viel dafür, dass die damalige Entscheidung, mit der ein Hang des Verurteilten zur Begehung schwerer Straftaten verneint wurde, falsch war. Angesichts seiner Vorstrafen und der raschen Abfolge der früheren schweren Taten auch unmittelbar nach der Haftentlassung ist sie jedenfalls schwer verständlich. Da sich nach der Verurteilung aber keine relevanten neuen Tatsachen herausgestellt haben, ist seine nachträgliche Unterbringung in der Siche­rungs­ver­wahrung ausgeschlossen. Der Verurteilte muss entlassen werden, selbst wenn von ihm eine erhebliche Gefahr ausgeht.

Keine nachträgliche Korrektur von fehlerhaften Entscheidungen

Die nachträgliche Anordnung der Siche­rungs­ver­wahrung dient nach dem Gesetz, das damit verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben Rechnung trägt, nicht der Korrektur von Fehlern der Justiz und kann daher in Fällen wie diesem nicht erfolgen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 148/07 des BGH vom 19.10.2007

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