14.11.2024
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Dokument-Nr. 8867

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Urteil03.12.2009Bundesgerichtshof3 StR 277/09
Vorinstanz:
  • Landgericht Dresden, Urteil06.08.2008, 14 KLs 201 Js 29405/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil03.12.2009

BGH hebt Freispruch vom Vorwurf der Bildung einer kriminelle Vereinigung aufEinstufung der rechten Szenegruppe "Kameradschaft Sturm 34" als kriminelle Vereinigung muss vor dem Landgericht neu verhandelt werden

Eine in Sachsen gegründete, politisch rechts­ge­richtete Kameradschaft mit dem Namen "Kameradschaft Sturm 34" erfüllt die Voraussetzungen, um sie als eine kriminelle Vereinigung einzustufen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof und hob ein Urteil des Landgerichts Dresden auf, das die Angeklagten zuvor wegen Gründens einer kriminellen Vereinigung und mitglied­s­chaft­licher Beteiligung an dieser nicht verurteilt hatte.

Nach den Feststellungen des Landgerichts traf sich ab dem Jahre 2005 eine Gruppe politisch recht­so­ri­en­tierter Jugendlicher aus Mittweida, die sich den Namen "Division Sächsischer Sturm" gegeben hatte und zu der auch die fünf, zwischen 21 und 42 Jahre alten Angeklagten gehörten. Zwischen den Mitgliedern dieser Gruppe und anderen Personen in der Umgebung kam es häufig zu gewalttätigen Ausein­an­der­set­zungen, wobei sich die Angriffe vor allem gegen Punker oder sog. Linke und Kiffer richteten. Zu Beginn des Jahres 2006 kam innerhalb der Gruppe die Idee auf, eine Kameradschaft mit dem Namen "Kameradschaft Sturm 34" zu gründen. Am ersten Wochenende im März 2006 wurde eine der üblichen Zusammenkünfte spontan zur Gründungs­ver­an­staltung genutzt. Hauptziel der Kameradschaft war es, Mittweida durch die Schaffung einer sog. natio­nal­be­freiten Zone "zeckenfrei" und "braun" zu machen. Dies bedeutete, dass gegen alle Personen, die keine rechto­ri­en­tierte politische Gesinnung hatten, mit Gewalt vorgegangen werden sollte. Es war beabsichtigt, Hooligans und Skinheads zusam­men­zu­führen und so ein "Sammelbecken von Nationalisten" zu schaffen. Es sollten weiterhin sog. Skinhead­kon­troll­runden durchgeführt werden, bei denen die Teilnehmer nach missliebigen Personen Ausschau hielten, gegen die man sodann nach Formation einer größeren Einheit gewalttätig vorging.

Sächsisches Innen­mi­nis­terium löst "Kameradschaft Sturm 34" aufgrund ständiger Gewalttaten auf

Nach Gründung der "Kameradschaft Sturm 34" kam es zu mehreren Straftaten, bei denen die Mitglieder der Kameradschaft Personen zusam­men­schlugen sowie auf sie eintraten und sie dadurch teilweise erheblich verletzten. Um diese ständigen Gewalttaten zu verhindern, nahm ein Angeklagter Kontakt zu den Polizeibehörden auf und verfasste als Informant Berichte über den Verband. Durch Verfügung vom 22. April 2007 verbot das Sächsische Staats­mi­nis­terium des Innern die "Kameradschaft Sturm 34" und löste diese auf, weil ihre Zwecke und Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderliefen und sich gegen die verfas­sungs­mäßige Ordnung richteten.

Landgericht sieht Voraussetzungen für kriminelle Vereinigung nicht erfüllt

Das Landgericht hatte zwei Angeklagte insgesamt freigesprochen und gegen die weiteren drei jeweils nur wegen mehrfacher gefährlicher Körper­ver­letzung Jugendstrafen zwischen zwei Jahren und drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Demgegenüber hatte es alle Angeklagten nicht wegen Gründens einer kriminellen Vereinigung und mitglied­s­chaft­licher Beteiligung an dieser verurteilt, weil nach seiner Auffassung die Voraussetzungen für eine derartige Vereinigung nicht vorlagen. Hiergegen richtete sich die Revision der Staats­an­walt­schaft, die vom General­bun­des­anwalt vertreten wurde.

BGH beanstandet rechts­feh­ler­haftes Handeln des Landgerichts

Der Bundes­ge­richtshof hat die Bewertung des Landgerichts als rechts­feh­lerhaft beanstandet; denn die Strafkammer hatte bei der Beurteilung der Frage, ob die "Kameradschaft Sturm 34" die Voraussetzungen einer kriminellen Vereinigung erfüllt, Kriterien herangezogen, die für das Bestehen einer Vereinigung keine wesentliche Bedeutung haben, und festgestellte, für das Bestehen einer Vereinigung sprechende Umstände nicht in ihre Würdigung einbezogen.

BGH weist Fall zur Neuverhandlung zurück ans Landgericht

Er hat deshalb das angefochtene Urteil teilweise aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. In seiner Entscheidung hat er die Voraussetzungen einer Vereinigung für Fälle präzisiert, in denen die Mitglieder der Gruppierung ein übergeordnetes, etwa weltan­schau­liches oder ideologisches Ziel verfolgen. Das Landgericht muss nun unter Anwendung dieser Maßstäbe erneut darüber befinden, ob die "Kameradschaft Sturm 34" als kriminelle Vereinigung anzusehen ist.

Quelle: ra-online, BGH

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