15.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil10.08.2016

BFH zur Vorsteu­er­auf­teilung bei gemischt genutzten GebäudenVorsteu­e­r­er­mittlung durch Umsatz- oder Flächen­sch­lüssel?

Der Bundes­ge­richtshof musste gleich in mehreren Rechtsfragen zur Vorsteu­er­auf­teilung bei Eingangs­leis­tungen für ein gemischt genutztes Gebäude sowie zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs entscheiden.

1. In der vorliegenden Sache ging es zum einen um die Höhe des Vorsteuerabzugs im Jahr 2004 aus Baukosten sowie aus laufenden Kosten für ein Wohn- und Geschäftshaus, mit dem die Klägerin sowohl steuerfreie als auch steuer­pflichtige Vermie­tungs­umsätze ausführte.

Aufteilung der angefallenen Vorsteuern

Da in diesen Fällen der Vorsteuerabzug nur zulässig ist, soweit die von einem Unternehmer bezogenen Eingangs­leis­tungen (hier: Baumaterial, Handwer­ker­leis­tungen etc.) für steuer­pflichtige Ausgangsumsätze verwendet werden, müssen die insgesamt angefallenen Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 des Umsatz­steu­er­ge­setzes (UStG) aufgeteilt werden. Seit der Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG mit Wirkung vom 1. Januar 2004 ist eine Aufteilung nach dem Verhältnis der (voraus­sicht­lichen) steuer­pflichtigen zu den steuerfreien Ausgangs­um­sätzen (sog. Umsatzschlüssel) nur noch nachrangig zulässig.

Die Klägerin ermittelte die abziehbaren Vorsteuern für das Streitjahr 2004 - wie in den Vorjahren - nach dem Umsatzschlüssel. Das Finanzamt (FA) legte dagegen der Vorsteu­er­auf­teilung den (für die Klägerin ungünstigeren) Flächenschlüssel zugrunde.

Der für die Klägerin ungünstigere Flächen­sch­lüssel ermöglicht sachgerechte und präzisere Berechnung

Der BFH hat im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 9. Juni 2016 C-332/14 Wolfgang und Dr. Wilfried Rey Grund­s­tücks­ge­mein­schaft GbR (EU:C:2016:417), das auf Vorlage des XI. Senats ergangen ist, entschieden, dass bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes - im Gegensatz zu den laufenden Aufwendungen - für die Aufteilung der Vorsteuer nicht darauf abgestellt werden kann, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen; vielmehr kommt es insoweit auf die Verwen­dungs­ver­hältnisse des gesamten Gebäudes an. Bei der Vorsteu­er­auf­teilung ermöglicht der objektbezogene Flächen­sch­lüssel regelmäßig - d.h. wenn die verschiedenen Zwecken dienenden Flächen miteinander vergleichbar sind - eine sachgerechte und "präzisere" Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug als der gesam­t­um­satz­be­zogene oder der objektbezogene Umsatzschlüssel. Ob die Vergleich­barkeit der Flächen im Streitfall gegeben ist, hat das Finanzgericht (FG) zu prüfen, weshalb der BFH die Sache an das FG Düsseldorf zurückverwiesen hat.

Finanzamt begehrt Rückerstattung von Vorsteu­er­be­trägen der letzten Jahre

2. Ferner verlangte das FA im Wege der Vorsteu­er­be­rich­tigung einen Teil der in den vergangenen Jahren (seit Beginn der Baumaßnahme 1999) anerkannten Vorsteu­er­beträge von der Klägerin zurück, weil auch insoweit nunmehr der Flächen­sch­lüssel gelte.

Vorsteu­er­be­rich­tigung für jedes Kalenderjahr

Ändern sich bei einem Gebäude innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung eine Vorsteu­er­be­rich­tigung vorzunehmen (§ 15 a Abs. 1 UStG).

Keine Verletzung der Grundsätze der Rechts­si­cherheit und des Vertrau­ens­schutzes

Der BFH ist im Anschluss an das o.g. EuGH-Urteil zu dem Ergebnis gelangt, dass die Neuregelung der Auftei­lungs­methode für den Vorsteuerabzug durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S. des § 15 a Abs. 1 UStG bewirken kann. Einer entsprechenden Vorsteu­er­be­rich­tigung stehen weder die allgemeinen unions­recht­lichen Grundsätze der Rechts­si­cherheit und des Vertrau­ens­schutzes entgegen noch liegt darin eine verfas­sungs­rechtlich unzulässige Rückwirkung in Vorjahre.

Quelle: Bundesfinanzhof/ ra-online

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