21.11.2024
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Urteil03.12.2019BundesfinanzhofVIII R 34/19
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Bundesfinanzhof Urteil03.12.2019

Steuerliche Berück­sich­tigung von Verlusten aus entschä­di­gungslosem Entzug von AktienEntschä­di­gungsloser Entzug von Aktien führt zu steuerlich zu berück­sich­ti­gendem Verlust

Werden (nach dem 31.12. 2008 erworbene) Aktien einem Aktionär ohne Zahlung einer Entschädigung entzogen, indem in einem Insolvenzplan das Grundkapital einer Aktien­ge­sell­schaft (AG) auf Null herabgesetzt und das Bezugsrecht des Aktionärs für eine anschließende Kapitalerhöhung ausgeschlossen wird, erleidet der Aktionär einen Verlust, der in entsprechender Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) steuerlich geltend gemacht werden kann. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 03.12.2019 gegen die Auffassung des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen (BMF) entschieden. Das BMF war dem Revisi­ons­ver­fahren beigetreten.

Im hier vorliegenden Streitfall hatte die Klägerin am 14.02.2011 und am 16.01.2012 insgesamt 39 000 Namensaktien einer inländischen AG zu einem Gesamtkaufpreis von 36.262,77 € erworben. Im Streitjahr 2012 wurde über das Vermögen der AG das Insol­venz­ver­fahren eröffnet.

Herabsetzung des Grundkapitals auf Null Euro

In einem vom Insol­venz­gericht genehmigten Insolvenzplan wurde gemäß § 225 a Abs. 2 der Insol­ven­z­ordnung (InsO) das Grundkapital der AG auf Null herabgesetzt und eine Kapitalerhöhung beschlossen, für die ein Bezugsrecht der Klägerin und der übrigen Altaktionäre ausgeschlossen wurde. Der börsliche Handel der Altaktien wurde eingestellt. Da die Klägerin für den Untergang ihrer Aktien keinerlei Entschädigung erhielt, entstand bei ihr ein Verlust in Höhe ihrer ursprünglichen Anschaf­fungs­kosten. Das Finanzamt weigerte sich, diesen Verlust zu berücksichtigen.

BFH: Aktienentzug ist als steuerbarer Aktien­ver­äu­ße­rungs­verlust anzuerkennen

Das sah der BFH anders und gab der Klägerin Recht. Er beurteilte den Entzug der Aktien in Höhe von 36.262,77 € als steuerbaren Aktien­ver­äu­ße­rungs­verlust. Dieser Verlust sei nach den Betei­li­gungs­quoten auf die Gesellschafter der Klägerin zu verteilen. Zur Begründung führte der BFH aus, dass der Untergang der Aktien keine Veräußerung darstelle und auch sonst vom Steuergesetz nicht erfasst werde. Das Gesetz weise insoweit aber eine planwidrige Regelungslücke auf, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Die in § 225 a InsO geregelte Sanie­rungs­mög­lichkeit sei erst später eingeführt worden, ohne die steuerliche Folgen für Kleinanleger wie die Klägerin zu bedenken. Es widerspreche den Vorgaben des Gleich­heits­satzes des Grundgesetzes in seiner Konkretisierung durch das Leistungs­fä­higkeits- und Folge­rich­tig­keits­prinzip, wenn der von der Klägerin erlittene Aktienverlust steuerlich nicht berücksichtigt werde, wirtschaftlich vergleichbare Verluste (z.B. aufgrund eines Squeeze-Out oder aus einer Einziehung von Aktien durch die AG) aber schon.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

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