18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Formular für die Steuererklärung.

Dokument-Nr. 28698

Drucken
Urteil03.12.2019BundesfinanzhofVIII R 34/19
ergänzende Informationen

Bundesfinanzhof Urteil03.12.2019

Steuerliche Berück­sich­tigung von Verlusten aus entschä­di­gungslosem Entzug von AktienEntschä­di­gungsloser Entzug von Aktien führt zu steuerlich zu berück­sich­ti­gendem Verlust

Werden (nach dem 31.12. 2008 erworbene) Aktien einem Aktionär ohne Zahlung einer Entschädigung entzogen, indem in einem Insolvenzplan das Grundkapital einer Aktien­ge­sell­schaft (AG) auf Null herabgesetzt und das Bezugsrecht des Aktionärs für eine anschließende Kapitalerhöhung ausgeschlossen wird, erleidet der Aktionär einen Verlust, der in entsprechender Anwendung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) steuerlich geltend gemacht werden kann. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 03.12.2019 gegen die Auffassung des Bundes­mi­nis­teriums der Finanzen (BMF) entschieden. Das BMF war dem Revisi­ons­ver­fahren beigetreten.

Im hier vorliegenden Streitfall hatte die Klägerin am 14.02.2011 und am 16.01.2012 insgesamt 39 000 Namensaktien einer inländischen AG zu einem Gesamtkaufpreis von 36.262,77 € erworben. Im Streitjahr 2012 wurde über das Vermögen der AG das Insol­venz­ver­fahren eröffnet.

Herabsetzung des Grundkapitals auf Null Euro

In einem vom Insol­venz­gericht genehmigten Insolvenzplan wurde gemäß § 225 a Abs. 2 der Insol­ven­z­ordnung (InsO) das Grundkapital der AG auf Null herabgesetzt und eine Kapitalerhöhung beschlossen, für die ein Bezugsrecht der Klägerin und der übrigen Altaktionäre ausgeschlossen wurde. Der börsliche Handel der Altaktien wurde eingestellt. Da die Klägerin für den Untergang ihrer Aktien keinerlei Entschädigung erhielt, entstand bei ihr ein Verlust in Höhe ihrer ursprünglichen Anschaf­fungs­kosten. Das Finanzamt weigerte sich, diesen Verlust zu berücksichtigen.

BFH: Aktienentzug ist als steuerbarer Aktien­ver­äu­ße­rungs­verlust anzuerkennen

Das sah der BFH anders und gab der Klägerin Recht. Er beurteilte den Entzug der Aktien in Höhe von 36.262,77 € als steuerbaren Aktien­ver­äu­ße­rungs­verlust. Dieser Verlust sei nach den Betei­li­gungs­quoten auf die Gesellschafter der Klägerin zu verteilen. Zur Begründung führte der BFH aus, dass der Untergang der Aktien keine Veräußerung darstelle und auch sonst vom Steuergesetz nicht erfasst werde. Das Gesetz weise insoweit aber eine planwidrige Regelungslücke auf, die im Wege der Analogie zu schließen sei. Die in § 225 a InsO geregelte Sanie­rungs­mög­lichkeit sei erst später eingeführt worden, ohne die steuerliche Folgen für Kleinanleger wie die Klägerin zu bedenken. Es widerspreche den Vorgaben des Gleich­heits­satzes des Grundgesetzes in seiner Konkretisierung durch das Leistungs­fä­higkeits- und Folge­rich­tig­keits­prinzip, wenn der von der Klägerin erlittene Aktienverlust steuerlich nicht berücksichtigt werde, wirtschaftlich vergleichbare Verluste (z.B. aufgrund eines Squeeze-Out oder aus einer Einziehung von Aktien durch die AG) aber schon.

Quelle: Bundesfinanzhof, ra-online (pm/ab)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil28698

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI