18.10.2024
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Bundesfinanzhof Urteil26.02.2008

BFH zur Geltung der verlängerten Festset­zungsfrist zugunsten eines Steuer­hin­ter­ziehersSind die (Steuer-) Ehrlichen doch die Dummen?

Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Frage befasst, ob die bei Steuer­hin­ter­ziehung geltende zehnjährige Verjäh­rungsfrist auch dann gilt, wenn der Steuer­hin­ter­zieher im Ergebnis einen Erstat­tungs­an­spruch geltend macht. Der Bundesfinanzhof verneinte diese Frage.

Der Kläger erzielte Kapital­ein­künfte, die über dem gesetzlichen Spare­r­frei­betrag lagen. Seine Bank hatte von den fälligen Zinsen jeweils die wie eine Einkom­men­steu­er­vor­aus­zahlung wirkende Zinsab­schlag­steuer in Höhe von 30 % der Erträge einbehalten und an den Fiskus abgeführt. Da der persönliche Steuersatz des Klägers deutlich niedriger als 30 % war, hätte der Kläger bei wahrheits­gemäßer Angabe der Zinsen in der Steuererklärung mehrere tausend DM vom Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zurückerhalten. Tatsächlich verschwieg er jedoch sämtliche Zinsen in seiner Einkom­men­steu­e­r­er­klärung für das Jahr 1997.

Kläger machte eine Selbstanzeige

Erst Ende 2004 berichtigte er seine Angaben im Rahmen einer Selbstanzeige und verlangte vom Finanzamt die Rückzahlung der zuviel erhobenen Einkommensteuer. Da die normale Verjäh­rungsfrist von vier Jahren bereits abgelaufen war, bezichtigte er sich selbst der Steuerhinterziehung und berief sich auf die dann geltende Zehnjahresfrist.

Während das Finanzgericht dem Kläger Recht gab, vertrat der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass in einem solchen Fall die verlängerte Verjäh­rungsfrist nicht eingreift. Ob eine vollendete Steuer­hin­ter­ziehung überhaupt gegeben ist, wenn der Fiskus - wie im Streitfall - über die Zinsab­schlag­steuer die ihm zustehenden Steuerbeträge faktisch bereits erhalten hat, konnte der Bundesfinanzhof offen lassen.

BFH: Steuer­hin­ter­zieher muss seinen Erstat­tungs­an­spruch innerhalb von vier Jahren geltend machen

Selbst wenn der Kläger sich der Steuer­hin­ter­ziehung schuldig gemacht haben sollte, gilt keine zehnjährige Frist. Denn der Zweck der vom Gesetzgeber angeordneten Frist­ver­län­gerung besteht darin, den durch eine Steuerstraftat geschädigten Fiskus in die Lage zu versetzen, die ihm in strafbarer Weise vorenthaltenen Steuerbeträge über die normale Verjäh­rungsfrist hinaus noch nachfordern zu können. Der Steuer­hin­ter­zieher muss seinen Erstat­tungs­an­spruch dagegen innerhalb von vier Jahren geltend machen. Damit gilt für ihn dieselbe Frist, die auch allen ehrlichen Steuerbürgern im Normalfall zusteht, um vergleichbare Erstat­tungs­ansprüche realisieren zu können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Ehrliche doch nicht der Dumme ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 60/08 des BFH vom 25.06.2008

der Leitsatz

1. Mit der gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängerten Festset­zungsfrist soll es dem durch eine Steuerstraftat geschädigten Steuergläubiger ermöglicht werden, die ihm vorenthaltenen Steuerbeträge auch noch nach Ablauf von vier Jahren zurückzufordern. Sinn und Zweck des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO bestehen jedoch nicht darin, den Steuer­hin­ter­zieher in die Lage zu versetzen, Erstat­tungs­ansprüche über die reguläre Verjäh­rungsfrist hinaus zu realisieren.

2. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO setzt einen hinterzogenen Betrag im Sinne eines Anspruchs des Fiskus auf eine Abschluss­zahlung voraus, der wegen einer vollendeten Steuer­hin­ter­ziehung bislang nicht geltend gemacht werden konnte.

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