Dokument-Nr. 24048
Permalink https://urteile.news/
- Häusliche Pflege auch bei Einsatz von nicht ausgebildetem Personal als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigFinanzgericht Baden-Württemberg, Urteil21.06.2016, 5 K 2714/15
- Außergewöhnliche Belastungen durch Krankheitskosten dürfen um zumutbare Belastungen gekürzt werdenBundesfinanzhof, Urteil02.09.2015, VI R 32/13, VI R 33/13
Bundesfinanzhof Urteil19.01.2017
Außergewöhnliche Belastungen können künftig weitergehender als bisher steuerlich geltend gemacht werdenStufenweise Ermittlung der zumutbaren Belastung
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Steuerpflichtige sogenannte außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten) weitergehender als bisher steuerlich geltend machen können.
Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen ist nach § 33 Abs. 1 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur möglich, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Eine Zumutbarkeitsgrenze ("zumutbare Belastung") wird in drei Stufen (Stufe 1 bis 15.340 Euro, Stufe 2 bis 51.130 Euro, Stufe 3 über 51.130 Euro) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte (abhängig von Familienstand und Kinderzahl) bemessen (1 bis 7 %). Der Prozentsatz beträgt z.B. bei zusammenveranlagten Ehegatten mit einem oder zwei Kindern 2 % (Stufe 1), 3 % (Stufe 2) und 4 % (Stufe 3)
Grenzbetrag wird stufenweise ermittelt
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs wird jetzt nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufengrenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet. Danach erfasst z.B. der Prozentsatz für Stufe 3 nur den 51.130 Euro übersteigenden Teilbetrag der Einkünfte. Bislang gingen demgegenüber Finanzverwaltung und Rechtsprechung davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet. Danach war der höhere Prozentsatz auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung Krankheitskosten in Höhe von 4.148 Euro als außergewöhnliche Belastungen erklärt. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute über 51.130 Euro lag, berechnete das Finanzamt die zumutbare Belastung unter Anwendung des in der Situation des Klägers höchstmöglichen Prozentsatzes von 4 %. Die Krankheitskosten der Eheleute wirkten sich nach dem Abzug der zumutbaren Belastung nur noch mit 2.069 Euro steuermindernd aus.
Zu berücksichtigende Krankheitskosten erhöhen sich aufgrund gestufter Ermittlung
Der Bundesfinanzhof gab dem Kläger insoweit Recht, als er die vom Finanzamt berücksichtigte zumutbare Belastung neu ermittelte. Bei der nun gestuften Ermittlung (im Streitfall 2 % bis 15.340 Euro, 3 % bis 51.130 Euro und 4 % erst in Bezug auf den die Grenze von 51.130 Euro übersteigenden Teil der Einkünfte) erhöhten sich die zu berücksichtigenden Krankheitskosten um 664 Euro. Maßgebend für die Entscheidung des Bundesfinanzhof waren insbesondere der Wortlaut der Vorschrift, der für die Frage der Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes gerade nicht auf den "gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte" abstellt, sowie die Vermeidung von Härten, die bei der Berechnung durch die Finanzverwaltung entstehen konnten, wenn eine vorgesehene Stufe nur geringfügig überschritten wurde.
Steuerpflichtige werden früher durch entstandene außergewöhnliche Belastungen steuerlich entlastet
Das Urteil des Bundes betrifft zwar nur den Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33 EStG, ist aber im Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht auf die Geltendmachung von Krankheitskosten beschränkt. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung, da Steuerpflichtige nun in der Regel früher und in größerem Umfang durch ihnen entstandene außergewöhnliche Belastungen steuerlich entlastet werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.03.2017
Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24048
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.