21.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil19.01.2017

Außer­ge­wöhnliche Belastungen können künftig weitergehender als bisher steuerlich geltend gemacht werdenStufenweise Ermittlung der zumutbaren Belastung

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Steuer­pflichtige sogenannte außer­ge­wöhnliche Belastungen (z.B. Krank­heits­kosten) weitergehender als bisher steuerlich geltend machen können.

Der Abzug außer­ge­wöhn­licher Belastungen ist nach § 33 Abs. 1 und 3 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) nur möglich, wenn der Steuer­pflichtige mit überdurch­schnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Eine Zumut­ba­r­keits­grenze ("zumutbare Belastung") wird in drei Stufen (Stufe 1 bis 15.340 Euro, Stufe 2 bis 51.130 Euro, Stufe 3 über 51.130 Euro) nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte (abhängig von Familienstand und Kinderzahl) bemessen (1 bis 7 %). Der Prozentsatz beträgt z.B. bei zusam­men­ver­an­lagten Ehegatten mit einem oder zwei Kindern 2 % (Stufe 1), 3 % (Stufe 2) und 4 % (Stufe 3)

Grenzbetrag wird stufenweise ermittelt

Nach dem Urteil des Bundes­fi­nanzhofs wird jetzt nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den im Gesetz genannten Stufen­grenz­betrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet. Danach erfasst z.B. der Prozentsatz für Stufe 3 nur den 51.130 Euro übersteigenden Teilbetrag der Einkünfte. Bislang gingen demgegenüber Finanz­ver­waltung und Rechtsprechung davon aus, dass sich die Höhe der zumutbaren Belastung einheitlich nach dem höheren Prozentsatz richtet, sobald der Gesamtbetrag der Einkünfte eine der in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Grenzen überschreitet. Danach war der höhere Prozentsatz auf den Gesamtbetrag aller Einkünfte anzuwenden.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in der gemeinsamen Einkom­men­steu­e­r­er­klärung Krankheitskosten in Höhe von 4.148 Euro als außer­ge­wöhnliche Belastungen erklärt. Da der Gesamtbetrag der Einkünfte der Eheleute über 51.130 Euro lag, berechnete das Finanzamt die zumutbare Belastung unter Anwendung des in der Situation des Klägers höchstmöglichen Prozentsatzes von 4 %. Die Krank­heits­kosten der Eheleute wirkten sich nach dem Abzug der zumutbaren Belastung nur noch mit 2.069 Euro steuermindernd aus.

Zu berück­sich­tigende Krank­heits­kosten erhöhen sich aufgrund gestufter Ermittlung

Der Bundesfinanzhof gab dem Kläger insoweit Recht, als er die vom Finanzamt berücksichtigte zumutbare Belastung neu ermittelte. Bei der nun gestuften Ermittlung (im Streitfall 2 % bis 15.340 Euro, 3 % bis 51.130 Euro und 4 % erst in Bezug auf den die Grenze von 51.130 Euro übersteigenden Teil der Einkünfte) erhöhten sich die zu berück­sich­ti­genden Krank­heits­kosten um 664 Euro. Maßgebend für die Entscheidung des Bundesfinanzhof waren insbesondere der Wortlaut der Vorschrift, der für die Frage der Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes gerade nicht auf den "gesamten Gesamtbetrag der Einkünfte" abstellt, sowie die Vermeidung von Härten, die bei der Berechnung durch die Finanz­ver­waltung entstehen konnten, wenn eine vorgesehene Stufe nur geringfügig überschritten wurde.

Steuer­pflichtige werden früher durch entstandene außer­ge­wöhnliche Belastungen steuerlich entlastet

Das Urteil des Bundes betrifft zwar nur den Abzug außer­ge­wöhn­licher Belastungen nach § 33 EStG, ist aber im Anwen­dungs­bereich dieser Vorschrift nicht auf die Geltendmachung von Krank­heits­kosten beschränkt. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung, da Steuer­pflichtige nun in der Regel früher und in größerem Umfang durch ihnen entstandene außer­ge­wöhnliche Belastungen steuerlich entlastet werden.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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