21.11.2024
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Finanzgericht Baden-Württemberg Urteil21.06.2016

Häusliche Pflege auch bei Einsatz von nicht ausgebildetem Personal als außer­ge­wöhnliche Belastung abzugsfähigKosten für Grundpflege und hauswirt­schaftliche Versorgung gehören dem Grunde nach zu abziehbaren Krank­heits­kosten

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass die häusliche Pflege durch einen polnischen Pflegedienst auch dann als außer­ge­wöhnliche Belastung abzugsfähig ist, wenn es sich bei den eingesetzten Betreu­ungs­kräften nicht um ausgebildetes Pflege­fach­personal handelt.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist pflegebedürftig und erhielt im Streitjahr 2014 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegedienste in Höhe von 5.280 Euro. Nach den Feststellungen des medizinischen Dienstes hatte die Klägerin einen täglichen Hilfsbedarf von 163 Minuten für die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und von einer Stunde für die hauswirt­schaftliche Versorgung. Für ihre häusliche Pflege hatte die Klägerin einen Vertrag mit einem polnischen Pflegedienst geschlossen. Der Vertrag regelte die hauswirt­schaftliche Versorgung (Einkaufen, Kochen, Spülen, Wäsche- und Kleidungs­wechsel) der Klägerin, ihre Unterstützung bei alltäglichen Aktivitäten sowie Teilleistungen im Bereich der Grundpflege. Die polnische Firma erbrachte diese Leistungen durch im Haushalt der Klägerin wohnende polnische Betreu­ungs­kräfte mit einer Woche­n­a­r­beitszeit von 40 Stunden. In ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung 2014 machte die Klägerin die Kosten für die Betreu­ungs­leis­tungen in Höhe von 28.500 Euro sowie die Unterkunfts- und Versi­che­rungs­kosten der Betreu­ungs­kräfte mit 2.712 Euro als außer­ge­wöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug dieser Aufwendungen ab, weil es sich bei den Betreu­ungs­kräften nicht um ausgebildete Pflegekräfte bzw. nicht um einen sozialrechtlich anerkannten Pflegedienst gehandelt habe. Die Aufwendungen seien nur als haushaltsnahe Dienst­leis­tungen mit einem Höchstbetrag von 4.000 Euro abzugsfähig.

Eingesetzte Betreu­ungs­kräfte müssen kein besonders ausgebildetes Pflege­fach­personal sein

Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage insoweit statt, als es die dem Grunde nach abziehbaren Pflege­auf­wen­dungen auf einen angemessenen Anteil von 20.732 Euro kürzte und hiervon das der Klägerin gezahlte Pflegegeld in Höhe von 5.280 Euro abzog. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Kosten für die Grundpflege und hauswirt­schaftliche Versorgung der Klägerin dazu dienten, ihre Krankheit erträglicher zu machen und daher als Pflege­auf­wen­dungen zu den dem Grunde nach abziehbaren Krank­heits­kosten gehörten. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sei die Abziehbarkeit der Aufwendungen nicht ausgeschlossen, weil es sich bei den eingesetzten Betreu­ungs­kräften nicht um besonders ausgebildetes Pflege­fach­personal gehandelt habe. Eine solche Voraussetzung ergebe sich weder aus dem Wortlaut des § 33 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes noch aus § 64 der Einkommensteuer-Durch­füh­rungs­ver­ordnung. Die angefallenen Betreu­ungs­kosten kürzte das Finanzgericht auf einen angemessenen Anteil von zwei Drittel, weil von der Betreuung an 40 Wochenstunden nur etwa 27 Stunden als notwendige Pflegezeit fachmedizinisch nachgewiesen waren.

Quelle: Finanzgericht Baden-Württemberg/ra-online

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