24.11.2024
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Bundesfinanzhof Urteil24.02.2011

BFH: Behin­de­rungs­be­dingte Umbaukosten als außer­ge­wöhnliche Belastungen zu berücksichtigenMehrkosten für krankheits- oder behin­der­ten­ge­rechte Ausgestaltung des individuellen Wohnumfelds als außer­ge­wöhnliche Belastungen abzugsfähig

Aufwendungen eines Steuer­pflichtigen für die krank­heits­be­dingte oder behin­der­ten­ge­rechten Gestaltung des individuellen Wohnumfelds können als außer­ge­wöhnliche Belastung nach § 33 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) zu berücksichtigen sein, und zwar auch dann, wenn die bauliche Gestaltung langfristig geplant wird. Ein durch die Aufwendungen etwa erlangter Gegenwert bleibt dabei außer Betracht. Dies entschied der Bundesfinanzhof.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuer­pflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuer­pflichtigen gleicher Einkom­mens­ver­hältnisse, gleicher Vermö­gens­ver­hältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Kläger machen Umbaukosten erfolglos als außer­ge­wöhnliche Belastungen geltend

Im Streitfall ist eines der Kinder der Kläger von Geburt an schwerbehindert (Grad der Behinderung 100 %). Die Kläger, die zunächst zur Miete wohnten, erwarben im Jahr 2005 ein bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 30.000 Euro. Das Gebäude (Baujahr ca. 1900) wurde anschließend für 193.800 Euro umgebaut und modernisiert. In ihrer Einkom­men­steu­e­r­er­klärung für das Jahr 2006 machten die Kläger rund 30.000 Euro, in der für das Jahr 2007 rund 4.000 Euro an Umbaukosten für den von dem behinderten Kind genutzten Wohnraum erfolglos als außer­ge­wöhnliche Belastungen geltend. Auch Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg, da die Kläger durch den Umbau einen Gegenwert erhalten hätten.

Aufwendungen für Umbau weder durch Grund- oder Kinder­frei­betrag noch durch Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten

Der Bundesfinanzhof hat nun das angefochtene Urteil aufgehoben und entschieden, dass Mehrauf­wen­dungen für einen behin­der­ten­ge­rechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung als außer­ge­wöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sein können, denn es sind größere Aufwendungen, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuer­pflichtigen gleicher Einkommens- und Vermö­gens­ver­hältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Diese Aufwendungen sind weder durch den Grund- oder Kinder­frei­betrag (§ 32 a Abs. 1 EStG, § 32 Abs. 6 EStG) noch durch den Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten und stehen stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangs­läu­figkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände regelmäßig in den Hintergrund tritt. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Behinderung auf einem nicht vorhersehbaren Ereignis beruht und deshalb ein schnelles Handeln des Steuer­pflichtigen oder seiner Angehörigen geboten ist. Auch die Frage nach zumutbaren Handlung­s­al­ter­nativen stellt sich in solchen Fällen nicht. Allerdings sind nicht die gesamten Aufwendungen für den von dem Kranken oder Behinderten genutzten Wohnraum, sondern nur die auf die krankheits- oder behin­der­ten­ge­rechte Ausgestaltung des individuellen Wohnumfelds beruhenden Mehrkosten als außer­ge­wöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abzugsfähig. Gegebenenfalls hat das Finanzgericht zu der Frage, welche baulichen Maßnahmen durch die Behinderung des Steuer­pflichtigen oder eines seiner Angehörigen veranlasst sind, und zur Quantifizierung der darauf entfallenden Kosten ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten einzuholen.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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