23.11.2024
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Dokument-Nr. 10158

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Bundesfinanzhof Urteil17.06.2010

Kindergeld: Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit schließt Berück­sich­tigung als Kind nicht ausBundesfinanzhof ändert Rechtsprechung zum Kindergeldbezug

Ein Kind, das auf einen Ausbil­dungsplatz wartet oder sich zwischen zwei Ausbil­dungs­ab­schnitten befindet, ist auch für die Monate beim Kinder­geld­be­rech­tigten als Kind zu berücksichtigen, in denen es einer Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit nachgeht. Bei der Ermittlung der kinder­geld­schäd­lichen Einkünfte und Bezüge des Kindes sind daher dessen Einkünfte aus der Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit einzubeziehen. Dies entschied der Bundesfinanzhof.

Anspruch auf Kindergeld besteht nur für ein Kind, das nach § 32 des Einkom­men­steu­er­ge­setzes (EStG) steuerlich zu berücksichtigen ist. Ein volljähriges Kind wird z. B. berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird, sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbil­dungs­ab­schnitten befindet oder eine Berufs­aus­bildung mangels Ausbil­dungs­platzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis c EStG). Zudem dürfen die Einkünfte und Bezüge des Kindes in den Monaten, in denen diese Voraussetzungen vorliegen, einen bestimmten Betrag – den so genannten Grenzbetrag (z. Zt. 8.004 Euro im Kalenderjahr) – nicht übersteigen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 6 EStG).

Bisherige Rechtsprechung

Nach bisheriger Rechtsprechung war ein Kind, das in der Übergangszeit zwischen zwei Ausbil­dungs­ab­schnitten oder während des Wartens auf einen Ausbil­dungsplatz einer Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit nachging, für die Monate der Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit nicht als Kind zu berücksichtigen. Der Bundesfinanzhof war der Auffassung, das Kind habe sich in diesen Monaten wegen der eigenen Einkünfte nicht in einer für eine Berufs­aus­bildung typischen Unter­halts­si­tuation befunden, die eine Entlastung der Eltern durch Kindergeld rechtfertige. Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass dem Kinder­geld­be­rech­tigten zwar für die Monate der Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit kein Kindergeld zustand, das Kindergeld aber möglicherweise für die übrigen Monate zu gewähren war, wenn die in diesen Monaten erzielten Einkünfte und Bezüge den (anteiligen) Grenzbetrag nicht überschritten.

Bei Grenz­be­trags­prüfung sind alle Einkünfte des Kindes in maßgebendem Zeitraum anzusetzen

Diese Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof aufgegeben. Zwar soll Kindergeld nur in den Fällen gewährt werden, in denen Eltern – wie für ein Kind in Ausbildung – typischerweise Unter­halts­auf­wen­dungen entstehen. Ob ein Kind wegen eigener Einkünfte typischerweise nicht auf Unter­halts­leis­tungen der Eltern angewiesen ist, hängt aber nach der gesetzlichen Regelung nicht von der finanziellen Situation des Kindes im jeweiligen Monat ab. Vielmehr nimmt der Gesetzgeber eine typische Unter­halts­si­tuation dann an, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Kalenderjahr den am Existenzminimum eines Erwachsenen ausgerichteten Jahres­grenz­betrag nicht übersteigen bzw. den anteiligen Betrag, wenn das Kind z. B. nur während eines Teils des Jahres zu berücksichtigen ist. Bei der Grenz­be­trags­prüfung sind daher alle Einkünfte des Kindes in dem maßgebenden Zeitraum anzusetzen unabhängig davon, ob sie aus einer Vollzeit- oder ein Teilzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit stammen. Dies kann wie im Streitfall dazu führen, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das Kind während der Monate, in denen es auf einen zugesagten Ausbil­dungsplatz wartet, noch berufstätig ist und seine Einkünfte wegen der Einbeziehung des Arbeitslohns für diese Monate insgesamt über dem Grenzbetrag liegen. Entsprechend hat der Bundesfinanzhof bislang auch schon die Fälle entschieden, in denen das Kind neben einer Ausbildung einer Vollzei­t­er­wer­b­s­tä­tigkeit nachgeht.

Quelle: Bundesfinanzhof/ra-online

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