22.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 22257

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Urteil16.09.2008Bundesarbeitsgericht9 AZR 791/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2009, 177Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2009, Seite: 177
  • MDR 2009, 272Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 272
  • NZA 2009, 79Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2009, Seite: 79
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Dresden, Urteil20.06.2006, 9 Ca 381/06
  • Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil19.09.2007, 5 Sa 552/06
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil16.09.2008

BAG: Anspruch einer schwer­be­hin­derten Bewerberin auf Entschädigung wegen Übersehens des im Bewerbungs­anschreiben befindlichen Hinweises auf Schwer­be­hin­derungPflicht zur vollständigen Kenntnisnahme des Bewerbungs­schreibens verletzt

Bewirbt sich eine schwer­be­hinderte Person auf eine Stelle und übersieht ein Mitarbeiter des potentiellen Arbeitgebers den im Bewerbungs­anschreiben befindlichen Hinweis auf die Schwer­be­hin­derung, so ist zu vermuten, dass eine Benachteiligung wegen der Behinderung vorliegt. Die unterlassene Kenntnisnahme stellt eine Pflicht­ver­letzung dar und kann einen Entschädigungs­anspruch begründen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2005 bewarb sich eine schwer­be­hinderte Frau auf eine Stelle als Verwal­tungs­mi­t­a­r­beiter des Freistaats Sachsen. Der Hinweis über ihre Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft befand sich im Bewer­bungs­an­schreiben. Dieser Hinwies wurde jedoch vom zuständigen Mitarbeiter übersehen, wodurch die Bewerberin nicht zu einem Vorstel­lungs­ge­spräch eingeladen wurde. Die Bewerberin sah sich aufgrund dessen wegen ihrer Behinderung benachteiligt und klagte auf Zahlung einer Entschädigung. Der Freistaat hielt diese für unbegründet. Denn seiner Meinung nach setze ein Entschä­di­gungs­an­spruch die Kenntnis von der Schwerbehinderung voraus. An dieser habe es aber gefehlt. Das Arbeitsgericht Dresden und das Landes­a­r­beits­gericht Sachsen sprachen der Bewerberin eine Entschädigung zu. Dagegen richtete sich die Revision des Freistaats.

Anspruch auf Entschädigung wegen vermuteter Benachteiligung

Das Bundes­a­r­beits­gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Freistaats Sachsen zurück. Der Bewerberin habe ein Anspruch auf Entschädigung zugestanden. Aufgrund dessen, dass der Mitarbeiter des Freistaats den Hinweis auf die Schwer­be­hin­derung übersah, sei eine Benachteiligung der Bewerberin wegen ihrer Behinderung anzunehmen gewesen. Die unterlassene Kenntnisnahme habe eine Pflicht­ver­letzung dargestellt. Die für den Arbeitgeber handelnden Personen seien verpflichtet, das Bewer­bungs­schreiben vollständig zu lesen. Dies sei hier nicht geschehen, obwohl ein hinreichend deutlicher Hinweis auf die Schwer­be­hin­derung vorgelegen habe.

Entschädigung in Höhe eines Brutto­mo­nats­gehalts

Nach Auffassung des Bundes­a­r­beits­ge­richts sei eine Entschädigung in Höhe eines Brutto­mo­nats­gehalts von ca. 2.037 Euro angemessen gewesen. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Bewerberin auch bei benach­tei­li­gungs­freier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Zudem habe der Mitarbeiter den Hinweis nur fahrlässig und nicht vorsätzlich übersehen. Ferner habe nicht außer Acht gelassen werden dürfen, dass die Bewerberin über einen existenz­si­chernden Arbeitsplatz verfügte und die ausgeschriebene Stelle lediglich befristet war.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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