18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Mainz Urteil20.08.2015

Kein Anspruch auf Entschädigung bei Ablehnung eines schwer­be­hin­derten Bewerbers aufgrund fehlenden Bewerbungs­anschreibensKein Zusammenhang zwischen Ablehnung und Behinderung wegen fehlender Kenntnis von Schwer­be­hin­derung

Ein schwer­be­hin­derter Bewerber hat keinen Anspruch auf eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG aufgrund einer Ablehnung, wenn der Arbeitgeber wegen des fehlenden Bewerbungs­anschreibens keine Kenntnis von der Schwer­be­hin­derung hatte und die Ablehnung allein aufgrund des fehlenden Bewerbungs­anschreibens erfolgte. In diesem Fall besteht kein Zusammenhang zwischen Ablehnung und Behinderung. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeits­gerichts Mainz hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 2014 bewarb sich ein Schwerbehinderter auf eine kaufmännische Stelle. Er lud dazu über das Karriereportal der Webseite der potentiellen Arbeitgeberin seine Bewer­bungs­un­terlagen hoch. Die Unterlagen enthielten unter anderem einen Lebenslauf und Zeugnisse, jedoch kein Bewer­bungs­an­schreiben. Der zehnseitige Lebenslauf enthielt unter der Überschrift "Zur Person" an letzter Stelle und ohne Hervorhebung die Information über seine Schwerbehinderung. Die Arbeitgeberin lehnte nachfolgend die Bewerbung ab und begründete dies damit, dass sämtliche Bewerbungen ohne Bewer­bungs­an­schreiben von vornherein als offensichtlich nicht ernst gemeint aussortiert worden seien. Der Bewerber sah sich in seiner Behinderung diskriminiert und klagte auf Zahlung einer Entschädigung.

Arbeitsgericht wies Entschä­di­gungsklage ab

Das Arbeitsgericht Mainz wies die Entschä­di­gungsklage des Bewerbers ab. Die Arbeitgeberin habe die Bewerbung nicht aufgrund der Schwer­be­hin­derung abgelehnt, sondern aufgrund des fehlenden Anschreibens. Gegen diese Entscheidung legte der Bewerber Berufung ein.

Landes­a­r­beits­gericht verneint ebenfalls Diskriminierung aufgrund Schwer­be­hin­derung

Das Landes­a­r­beits­gericht Mainz bestätigte die erstin­sta­nzliche Entscheidung und wies daher die Berufung des Bewerbers zurück. Ihm habe kein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zugestanden, da er nicht wegen seiner Schwer­be­hin­derung diskriminiert worden sei. Es habe kein Zusammenhang zwischen der Ablehnung seiner Bewerbung und der Behinderung bestanden. Vielmehr habe die Arbeitgeberin sämtliche Bewerbungen ohne Prüfung der Unterlagen aussortiert, die kein Anschreiben enthalten haben.

Deutliche Information über Schwer­be­hin­derung notwendig

Ein Bewerber müsse den Arbeitgeber über seine Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft grundsätzlich im Bewer­bungs­an­schreiben unter Angabe des Grades der Behinderung informieren, so das Landes­a­r­beits­gericht. Zwar sei auch eine Angabe im Lebenslauf möglich. Dies müsse aber an hervorgehobener Stelle und deutlich, zum Beispiel durch eine besondere Überschrift, geschehen. Eingestreute oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten oder eine in den weiteren Bewer­bungs­un­terlagen befindliche Kopie des Schwer­be­hin­der­te­n­aus­weises genügen keiner ordnungsgemäßen Information. So habe der Fall hier jedoch gelegen. Der Bewerber habe die Informationen über seine Schwer­be­hin­derung lediglich im Lebenslauf eingestreut. Die Arbeitgeberin habe somit keine Kenntnis von der Behinderung erhalten können oder müssen.

Kein Entschä­di­gungs­an­spruch aufgrund Übersehens der Information über Schwer­be­hin­derung

Soweit der Bewerber auf eine Entscheidung des Bundes­a­r­beits­ge­richts verwies, wonach ein Entschä­di­gungs­an­spruch bereits dann bestehe, wenn der Arbeitgeber oder ein Mitarbeiter die Angabe über die Schwer­be­hin­derung übersehe (BAG, Urt. v. 16.09.2008 - 9 AZR 791/07 -), hielt das Landes­a­r­beits­gericht dies für unbeachtlich. Denn die Entscheidung sei für den vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen. Im Fall des Bundes­a­r­beits­ge­richts habe sich die Information über die Behinderung im Bewer­bungs­an­schreiben befunden. Ein solches habe hier gerade gefehlt.

Quelle: Landesarbeitsgericht Mainz, ra-online (vt/rb)

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