21.11.2024
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Dokument-Nr. 32475

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Urteil20.12.2022Bundesarbeitsgericht9 AZR 266/20
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Bundesarbeitsgericht Urteil20.12.2022

Urlaub verjährt nicht automatischArbeitgeber muss vor drohender Verjährung warnen

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjäh­rungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Der Beklagte beschäftigte die Klägerin vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 als Steuer­fach­an­ge­stellte und Bilanz­buch­halterin. Nach der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses zahlte der Beklagte an die Klägerin zur Abgeltung von 14 Urlaubstagen 3.201,38 Euro brutto. Der weitergehenden Forderung der Klägerin, Urlaub im Umfang von 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren abzugelten, kam der Beklagte nicht nach. Während das Arbeitsgericht die eingereichte Klage - soweit für das Revisi­ons­ver­fahren von Bedeutung - abgewiesen hat, sprach das Landes­a­r­beits­gericht der Klägerin 17.376,64 Euro brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu. Dabei erachtete das Landes­a­r­beits­gericht den Einwand des Beklagten, die geltend gemachten Urlaubs­ansprüche seien verjährt, für nicht durchgreifend.

BAG: Arbeitgeber müssen aktive Rolle spielen

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht keinen Erfolg. Zwar finden die Vorschriften über die Verjährung (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung. Die regelmäßige Verjäh­rungsfrist von drei Jahren beginnt bei einer richt­li­ni­en­kon­formen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB jedoch nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorab­ent­scheidung vom 22. September 2022 umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjäh­rungs­vor­schriften, die Gewährleistung von Rechts­si­cherheit, in der vorliegenden Fallkon­stel­lation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechts­si­cherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechts­si­cherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.

Urlaub nicht verjährt

Der Beklagte hat die Klägerin nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinwei­sob­lie­gen­heiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche verfielen deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertra­gungs­zeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) noch konnte der Beklagte mit Erfolg einwenden, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeits­ver­hält­nisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs hat die Klägerin innerhalb der Verjäh­rungsfrist von drei Jahren erhoben.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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