21.11.2024
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Dokument-Nr. 12405

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Urteil13.10.2011Bundesarbeitsgericht8 AZR 608/10
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil06.09.2010, 4 Sa 18/10
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil13.10.2011

Arbeitgeber müssen Besetzung freier Stellen mit Schwer­be­hin­derten prüfenPrüfpflicht trifft alle Arbeitgeber

Die Prüfpflicht zur Berück­sich­tigung schwer­be­hin­derter Menschen bei der Besetzung freier Stellen besteht immer und für alle Arbeitgeber und unabhängig davon, ob sich ein schwer­be­hin­derter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, so stellt dies ein Indiz dafür dar, dass er einen abgelehnten schwer­be­hin­derten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förde­rungs­pflichten unbeachtet gelassen hatte. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwer­be­hin­derten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwer­be­hinderte Menschen zu berücksichtigen, müssen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Diese in § 81 Abs. 1 SGB IX geregelte gesetzliche Pflicht trifft alle Arbeitgeber, nicht nur die des öffentlichen Dienstes. Ein abgelehnter schwer­be­hin­derter Bewerber kann sich darauf berufen, dass die Verletzung dieser Pflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse.

Gemeinde hatte bei Stellen­be­setzung keine Prüfung durchgeführt

Der mit einem Grad von 60 schwer­be­hinderte Kläger hat eine kaufmännische Berufs­aus­bildung, ein Fachhoch­schul­studium der Betrie­bs­wirt­schaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwal­tungs­dienst absolviert. Er bewarb sich bei der beklagten Gemeinde auf deren ausgeschriebene Stelle für eine Mutter­schafts­ver­tretung in den Bereichen Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt. Die Beklagte besetzte die Stelle anderweitig, ohne zuvor zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwer­be­hin­derten Menschen besetzt werden kann oder diesbezüglich Kontakt zur Agentur für Arbeit aufgenommen zu haben. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes (AGG), da er sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sah.

Verletzung der Prüfpflicht stellt Indiz für Benachteiligung Behinderter dar

Während die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, war die Revision des Klägers vor dem Achten Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts im Grundsatz erfolgreich. Die Prüfpflicht zur Berück­sich­tigung schwer­be­hin­derter Menschen bei der Besetzung freier Stellen besteht immer und für alle Arbeitgeber und unabhängig davon, ob sich ein schwer­be­hin­derter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, so stellt dies ein Indiz dafür dar, dass er einen abgelehnten schwer­be­hin­derten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förde­rungs­pflichten unbeachtet gelassen hatte. Da vorliegend der Arbeitgeber die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht widerlegen konnte, war die Sache an das Landes­a­r­beits­gericht zurück­zu­ver­weisen, das noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung zu entscheiden haben wird.

Quelle: ra-online, Bundesarbeitsgericht

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