15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 16136

Drucken
Urteil20.06.2013Bundesarbeitsgericht8 AZR 482/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2014, 652Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 652
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Köln, Urteil13.02.2012, 2 Sa 768/11
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil20.06.2013

Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind nicht als "Weltanschauung" im Sinne des Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetzes zu wertenBAG zum Entschädigungs- und Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen Benachteiligung aufgrund der Weltanschauung

Wird ein Arbeitnehmer wegen seiner Weltanschauung oder wegen bei ihm vermuteter Weltanschauung benachteiligt, kann dies Entschädigungs- und Schadens­ersatz­ansprüche nach dem Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetz (AGG) auslösen. Voraussetzung in beiden Fällen ist, dass Indizien vorgetragen und bewiesen werden, die auf die Benachteiligung wegen einer (vermuteten) Weltanschauung hindeuten. Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind keine "Weltanschauung". Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls hat u.a. an der Pekinger Fremd­spra­chen­uni­versität Germanistik studiert. Mitglied einer politischen Partei war und ist sie nicht. Seit 1987 ist sie für die beklagte Rundfunkanstalt als arbeit­neh­mer­ähnliche Person in der China-Redaktion beschäftigt, wobei der letzte Honorar­rah­men­vertrag bis zum 31. Dezember 2010 befristet war. Die Klägerin bearbeitete als Redakteurin vorwiegend nicht-politische Themen.

Klägerin vermutet Diskriminierung aufgrund einer vermuteten Weltanschauung

Im April 2010 bewarb sie sich erfolglos für eine Festanstellung. Ende Juni 2010 teilte die Beklagte mit, dass sie über das Jahresende 2010 hinaus den befristeten Honorar­rah­men­vertrag nicht mehr verlängern werde. Die Klägerin erhielt die in diesem Fall vorgesehenen tariflichen Leistungen. Sie macht geltend, sie sei von der Beklagten benachteiligt worden, weil ihr diese - unzutreffend - eine Weltanschauung unterstellt habe. Die Beklagte habe bei ihr "Sympathie für die Volksrepublik China" vermutet und "damit Unterstützung für die KP China". Ihre Entlassung sei darauf zurückzuführen, dass die Beklagte angenommen habe, "sie sei gegenüber der Volksrepublik China zu regie­rungs­freundlich". Die Beklagte habe sie daher wegen einer unterstellten, in der Sache aber nicht gegebenen Weltanschauung diskriminiert.

Benachteiligung wegen unterstellter Weltanschauung nicht nachvollziehbar

Die Klage blieb vor dem Bundes­a­r­beits­gericht genau wie in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Es kann dahinstehen, ob und wo heute noch eine "kommunistische Weltanschauung" o.ä. existiert. Unbestritten lehnt die Klägerin derartiges für sich ab und ist auch nicht Mitglied der KP China. Sofern sie der beklagten Rundfunkanstalt vorhält, diese sei davon ausgegangen, sie hege Sympathie für die Volksrepublik China und berichte freundlich über deren Regierung, trägt sie keine Tatsachen vor, die den Schluss darauf zulassen, sie sei wegen einer ihr unterstellten Weltanschauung benachteiligt worden. Selbst wenn die Beklagte im Rahmen der ihr grundrechtlich garantierten Rundfunk­freiheit eine stärkere journalistische Distanz zu der Regierung in Peking durchsetzen wollte und deswegen die Zusammenarbeit mit der Klägerin beendet hätte, indizierte dies nicht, dass die Beklagte der Klägerin eine Weltanschauung unterstellt hätte. Im Übrigen bedeutet Sympathie für ein Land nicht Sympathie für eine die Regierung tragende Partei; schon gar nicht kann nach der Lebenserfahrung angenommen werden, dass deren weltan­schauliche Fundierung, so sie eine hat, vom Sympathisanten geteilt wird. Der Senat hat daher wie die Vorinstanzen die Klage als unschlüssig abgewiesen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil16136

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI