21.11.2024
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Dokument-Nr. 31469

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Bundesarbeitsgericht Urteil24.02.2022

BAG: Aufhe­bungs­vertrag ohne Bedenkzeit möglichAufhe­bungs­vertrag zur sofortigen Annahme stellt keinen Verstoß gegen das "Gebot fairen Verhandelns" dar

Ein Aufhe­bungs­vertrag kann unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungs­situation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Die hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhe­bungs­vertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflicht­ver­letzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen kann.

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeits­ver­hält­nisses nach Abschluss eines Aufhe­bungs­vertrags. Am 22. November 2019 führten der Geschäftsführer und der spätere Prozess­be­voll­mächtigte der Beklagten, der sich als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht vorstellte, im Büro des Geschäfts­führers ein Gespräch mit der als Teamko­or­di­natorin Verkauf im Bereich Haustechnik beschäftigten Klägerin. Sie erhoben gegenüber der Klägerin den Vorwurf, diese habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Beklagten abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Die Klägerin unterzeichnete nach einer etwa zehnminütigen Pause, in der die drei anwesenden Personen schweigend am Tisch saßen, den von der Beklagten vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dieser sah u.a. eine einvernehmliche Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses zum 30. November 2019 vor. Die weiteren Einzelheiten des Gesprächs­verlaufs sind streitig geblieben. Die Klägerin focht den Aufhe­bungs­vertrag mit Erklärung vom 29. November 2019 wegen wider­recht­licher Drohung an.

Arbeitnehmerin hatte um längere Bedenkzeit gebeten

Mit ihrer Klage hat die Klägerin u.a. den Fortbestand des Arbeits­ver­hält­nisses über den 30. November 2019 hinaus geltend gemacht. Sie hat behauptet, ihr sei für den Fall der Nicht­un­ter­zeichnung des Aufhe­bungs­vertrags die Erklärung einer außer­or­dent­lichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landes­a­r­beits­gericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

BAG: Keine Verletzung des Gebots fairen Verhandelns

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht keinen Erfolg. Auch wenn der von der Klägerin geschilderte Gesprächs­verlauf zu ihren Gunsten unterstellt wird, fehlt es an der Wider­recht­lichkeit der behaupteten Drohung. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außer­or­dent­lichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen.

Unterbreitung des Aufhe­bungs­vertrags "nur zu sofortiger Annahme" zulässig

Ebenso ist das Landes­a­r­beits­gericht auf der Grundlage der vom Senat in der Entscheidung vom 7. Februar 2019 (- 6 AZR 75/18 -) entwickelten Maßstäbe unter Berück­sich­tigung des in der Revisi­ons­instanz nur eingeschränkten Prüfungsumfangs zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Beklagte nicht unfair verhandelt und dadurch gegen ihre Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB verstoßen hat. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin wurde nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Aufhe­bungs­vertrag entsprechend § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und die Klägerin über die Annahme des-wegen sofort entscheiden musste.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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