18.10.2024
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Dokument-Nr. 10315

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Urteil23.09.2010Bundesarbeitsgericht6 AZR 180/09 und 6 AZR 174/09
Vorinstanz zu 6 AZR 180/09:
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil13.02.2009, 7 Sa 80/08
Vorinstanz zu 6 AZR 174/09:
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil16.01.2009, 7 Sa 75/08
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil23.09.2010

BAG: Berufserfahrung muss bei Stufenzuordnung im TV-L nicht immer Berück­sich­tigung findenLehrtätigkeit an Privatschule muss nicht angerechnet werden

Wechselt ein Lehrer von einer staatlichen an eine private Schule und nach einigen Jahren wieder zurück an die staatliche Schule, muss die Lehrtätigkeit an der Privatschule nicht als Berufserfahrung bei der Stufenzuordnung im TV-L berücksichtigt werden. Dies entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) sieht eine Vergütung nach Entgeltgruppen und innerhalb der Entgeltgruppen nach fünf bzw. sechs Stufen vor. § 16 TV-L enthält eine differenzierte Regelung, inwieweit Beschäf­ti­gungs­zeiten, die in einem früheren Arbeits­ver­hältnis zurückgelegt worden sind, bei der Stufenzuordnung Berück­sich­tigung finden. Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus einem vorherigen, nicht länger als sechs Monate zurückliegenden Arbeits­ver­hältnis mit demselben Arbeitgeber werden gem. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L bei der Stufenzuordnung berücksichtigt. Ist die einschlägige Berufserfahrung bei einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 TV-L eine Einstufung in die Stufe 2 bzw. bei Einstellungen nach dem 31. Januar 2010 und einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren in die Stufe 3. Auch bei Vorliegen längerer einschlägiger Berufserfahrung kann der Arbeitgeber gem. § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L diese Zeiten nur dann ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen und den Beschäftigten einer höheren Stufe als der Stufe 3 zuordnen, wenn die Einstellung zur Deckung des Personalbedarfs erfolgt ist und die frühere Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Diese unter­schiedliche Berück­sich­tigung von Zeiten der Berufserfahrung beim selben Arbeitgeber und bei anderen Arbeitgebern verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Sachverhalt

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls war beim beklagten Land als beamteter Lehrer tätig. Er schied zum 31. Juli 1995 aus dem Staatsdienst aus und war anschließend an privaten Einrichtungen als Lehrer bzw. Schulleiter tätig. Seit September 2007 ist er als angestellter Lehrer beim beklagten Land beschäftigt, das ihn der Stufe 2 der Entgeltgruppe 11 TV-L zuordnete. Mit seiner Klage begehrt der Kläger für die Zeit seit seiner Einstellung eine Vergütung nach der Stufe 5 seiner Entgeltgruppe. Er ist der Auffassung, die unter­schiedliche Behandlung bei der Stufenzuordnung von solchen Lehrern, die vor ihrer Einstellung bei demselben Land beschäftigt waren, und den Lehrern, die von einem anderen Arbeitgeber zum Land wechseln, sei nicht gerechtfertigt.

Zum Land wechselnde Beschäftigte weisen keinen laut TV-L als schutzwürdig angesehenen Besitzstand auf

Das Bundes­a­r­beits­ge­richts hat wie die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Die betroffenen Beschäf­tig­ten­gruppen sind bereits nicht vergleichbar. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L dient dem Schutz des Besitzstandes von bereits früher bei demselben Arbeitgeber Beschäftigten bei kurzfristigen Unterbrechungen des Arbeits­ver­hält­nisses. Beschäftigte wie der Kläger, die von einem anderen Arbeitgeber zum beklagten Land wechseln, weisen einen solchen, von den Tarif­ver­trags­parteien als schutzwürdig angesehenen Besitzstand nicht auf. Darüber hinaus durften die Tarif­ver­trags­parteien bei typisierender Betrachtung annehmen, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl von Fällen eine nicht länger als sechs Monate zurückliegende Tätigkeit beim selben Land, die eine einschlägige Berufserfahrung vermittelt hat, den Beschäftigten befähigt, nach seiner Wieder­ein­stellung die im vorherigen Arbeits­ver­hältnis erworbene Berufserfahrung schneller in vollem Umfang im neuen Arbeits­ver­hältnis einzusetzen als dies einem Arbeitnehmer möglich ist, der seine Berufserfahrung in den oftmals gänzlich andersartigen Strukturen bei anderen Arbeitgebern, namentlich bei solchen der Privat­wirt­schaft, erworben hat. Außerdem durften sie einen Anreiz zur Rückkehr solcher Beschäftigten in den öffentlichen Dienst schaffen, die bereits einschlägige Berufserfahrung beim selben öffentlichen Arbeitgeber erworben hatten.

Einzel­fa­l­l­ent­scheidung: Bei Einstel­lungs­ver­hand­lungen wurde bestimmte Vergütungshöhe zugesagt

Das Bundes­a­r­beits­gericht hat am selben Tag aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls einer Lehrerin, die zur Deckung des Personalbedarfs eingestellt worden war, eine Vergütung nach der höchstmöglichen Stufe 5 der Entgeltgruppe 13 zuerkannt. Bei den Einstel­lungs­ver­hand­lungen war der Klägerin eine bestimmte Vergütungshöhe zugesagt worden. Eine tarifgerechte Vergütung in der zugesagten Höhe war nur unter Ausübung des durch § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L eröffneten Ermessens zugunsten der Klägerin möglich.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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