18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 7755

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Urteil22.04.2009Bundesarbeitsgericht5 AZR 436/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • ArbRB 2009, 255Zeitschrift: Arbeits-Rechts-Berater (ArbRB), Jahrgang: 2009, Seite: 255
  • BAGE 130, 338Sammlung: Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAGE), Band: 130, Seite: 338
  • DB 2009, 114Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2009, Seite: 114
  • DB 2009, 1599Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2009, Seite: 1599
  • MDR 2009, 1117Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 1117
  • NZA 2009, 837Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2009, Seite: 837
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Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil17.04.2008, 1 Sa 10/07
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil22.04.2009

Lohnwucher: Weniger als 2/3 des üblichen TariflohnsBundes­arbeitsgericht spricht von "Ausbeutung"

Lohnwucher liegt vor, wenn die Arbeits­ver­gütung nicht einmal 2/3 des üblichen Tariflohns der betreffenden Branche erreicht. Dies hat das Bundes­arbeitsgericht entschieden.

Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines Anderen für eine Leistung Vermö­gens­vorteile gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Diese Regelung gilt auch für Arbeits­ver­hältnisse.

Auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung

Das Bundes­a­r­beits­gericht hat ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen, wenn die Arbeits­ver­gütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschafts­region üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht. Maßgebend ist der Vergleich mit der tariflichen Stunden- oder Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen sind. Eine bei Abschluss des Arbeitsvertrags danach nicht zu beanstandende Vergütung kann durch die Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden.

Stundenlohn von 6,00 DM

Die Klägerin war seit 1992 in dem Garten­bau­betrieb des Beklagten bei Hamburg als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Sie erhielt einen Stundenlohn von 6,00 DM netto, ab 1. Januar 2002 3,25 Euro netto. Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2002 unter dem Gesichtspunkt des Lohnwuchers eine Nachzahlung von knapp 37.000 Euro auf der Basis der tariflichen Vergütung. Der tarifliche Stundenlohn betrug insoweit zwischen 14,77 DM brutto und 7,84 Euro brutto. Die Klägerin arbeitete monatlich bis zu 352 Stunden.

Bundes­a­r­beits­gericht sieht im Fall eine Ausbeutung der Klägerin

Die Klage war in den Vorinstanzen unter Berück­sich­tigung der der Klägerin eingeräumten Sachleistungen, insbesondere einer Wohngelegenheit auf dem Betriebsgelände, erfolglos. Der Fünfte Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts hat das Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen. Auch unter Einbeziehung der Sachbezüge betrug die gezahlte Stunden­ver­gütung im Klagezeitraum weniger als 2/3 der tariflichen Stunden­ver­gütung. Die Gesamtumstände, insbesondere die gesetzwidrig hohen und zudem unregelmäßigen Arbeitszeiten verdeutlichen die Ausbeutung der Klägerin. Allerdings hat das Landes­a­r­beits­gericht weder die Üblichkeit des Lohns in den Garten­bau­be­trieben der Region noch die Kenntnis des Beklagten vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen ausdrücklich festgestellt. Das ist in der neuen Verhandlung nachzuholen.

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:

Erläuterungen
§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermö­gens­vorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Quelle: ra-online (pt)

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