Im zugrunde liegenden Fall beschäftigte ein Pizza Lieferservice in der Uckermark Angestellte für 1,59 € bis 3,46 brutto die Stunde. Die zu diesem Lohn arbeitenden Angestellten erhielten Aufstockungsleistungen des JobCenters. Nachdem die Versuche gescheitert sind, den Arbeitgeber zur Erhöhung der Löhne zu bewegen, erhob das JobCenter Klage auf Zahlung der üblichen Vergütung. Denn seiner Meinung nach, seien die gezahlten Löhne wegen Sittenwidrigkeit nichtig.
Das Arbeitsgericht Eberswalde gab dem JobCenter recht. Ihm habe die Ansprüche auf Zahlung der üblichen Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zugestanden. Das JobCenter sei auch Inhaber der Ansprüche gewesen. Denn nach § 115 Abs. 1 SGB X gehe der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt gegen seinen Arbeitgeber auf den Leistungsträger über, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb der Leistungsträger Soziallleistung erbrachte.
Die mit den Arbeitnehmern vereinbarten Löhne seien nach Auffassung des Arbeitsgerichts sittenwidrig und somit unwirksam gewesen (§ 138 BGB). Eine Vereinbarung sei nach § 138 Abs. 2 BGB insbesondere nichtig, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Dies werde etwa angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Lohn erreicht (BAG, Urt. v. 22.04.2009 - 5 AZR 436/08). Dies sei hier der Fall gewesen. Denn das übliche Entgelt habe 6,78 € betragen.
Weiter führte das Arbeitsgericht aus, dass neben des großen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung der Lohnwucher noch weitere sittenwidrige Umstände voraussetze, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung der Arbeitgebers. Eine solche Gesinnung sei hier ohne weiteres festzustellen gewesen, da der Arbeitgeber die Zwangslage seiner Angestellten, die eine angemessen bezahlte Arbeit in der Uckermark mit einer sehr hohen Arbeitslosenquote nicht finden, ausbeutete.
Das Arbeitsgericht folgte zudem nicht der Ansicht des Arbeitgebers, wonach sich der Stundenlohn durch den Erhalt von Trinkgeldern erhöhte. Denn etwaige Trinkgelder, die durch Dritte gezahlt werden, dürfen auf Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers nicht angerechnet werden. Es sei Sache des Arbeitgebers, den für die in Anspruch genommene Arbeitsleistung angemessenen Lohn mit einer für den Arbeitnehmer kalkulierbaren Sicherheit auszuzahlen.
Darüber hinaus sei es unbeachtlich gewesen, so das Arbeitsgericht weiter, dass die Arbeitnehmer vergünstigt Speisen aus der Küche erwerben durften. Denn dies dürfe bei der Ermittlung des gezahlten Lohns nicht berücksichtigt werden. Das Arbeitsentgelt sei nämlich grundsätzlich in Euro zu berechnen und auszuzahlen (§ 107 Abs. 1 GewO). Zwar könne ein Teil des Arbeitseinkommens in Form von Sachbezügen entrichtet werden. Dies müsse aber im Interesse des Arbeitnehmers sein 8§ 107 Abs. 2 GewO). Genau dies verneinte aber das Gericht.
Da das Unternehmen seine Berufung gegen dieses Urteil zurückgenommen hat, ist das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde damit rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.10.2013
Quelle: Arbeitsgericht Eberswalde, ra-online (vt/rb)