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Dokument-Nr. 32952

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Bundesarbeitsgericht Urteil02.05.2023

Pfändungs­frei­betrag: Überlassung eines Dienstwagens zur privaten NutzungGeldwerter Vorteil für PKW-Nutzung kein pfändbarer Teil des Arbeitsentgelts

Die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung ist regelmäßig eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit ein Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO*. Der Wert dieses Sachbezugs beläuft sich grundsätzlich auf 1 % des Listenpreises des PKW zzgl. Sonder­ausstat­tungen und Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Erstzulassung. Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf dieser Wert allerdings nicht die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigen. Der unpfändbare Betrag des Entgelts muss dem Arbeitnehmer in Geld ausgezahlt werden. Zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Einkommens sind Geld- und Sachleistungen nach den vollstreckungs­rechtlichen Vorschriften zusam­men­zu­rechnen. Nicht einbezogen wird dabei laut Bundes­arbeits­gericht der steuerlich zu berück­sich­tigende geldwerte Vorteil für die Nutzung des PKW auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich ,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungs­kilometer (sog. ,03 %-Regelung).

Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten in der Marketing-Abteilung beschäftigt. Im Laufe des Arbeits­ver­hält­nisses hat die Beklagte ihm anstelle einer Entgelterhöhung einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Entgel­t­a­b­rech­nungen des Klägers weisen neben dem Brutto­mo­nats­gehalt (zuletzt 4.285,00 Euro) geldwerte Vorteile für die PKW-Nutzung (445,00 Euro) und die Entfernungs-kilometer (747,60 Euro) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (56 km) aus. Aus der Summe dieser drei Beträge hat die Beklagte nach Abzug von Steuern und Sozia­l­ver­si­cherung das Nettoentgelt und nach weiterem Abzug der beiden geldwerten Vorteile den Auszah­lungs­betrag errechnet.

Kläger moniert Nichtbeachtung von Pfändungs­grenzen wegen Unter­halts­pflichten

Mit seiner Klage hat der Kläger - soweit für das Revisi­ons­ver­fahren noch von Relevanz - Vergü­tungs­dif­fe­renzen im Nettoentgelt iHv. 29.639,14 Euro für die Zeit von Januar 2017 bis April 2020 verlangt. Er hat geltend gemacht, bei Zahlung der Vergütung, die neben Geld auch den Sachbezug der Privat­nut­zungs­mög­lichkeit des PKW umfasse, seien die Pfändungs­grenzen, die sich aus drei Unter­halts­pflichten ergäben, nicht beachtet worden. Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung der geforderten Netto­ver­gü­tungs­dif­fe­renzen verurteilt.

Revision des Arbeitgebers erfolgreich

Die hiergegen gerichtete, vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Das Berufungs­gericht hat bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens iSv. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zu Unrecht den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG** zu bemessenden Wert für die Nutzung des überlassenen Fahrzeugs für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen. Zur Berechnung des pfändbaren Einkommens sind nach § 850 e Nr. 3 Satz 1 ZPO*** Geld- und Natura­l­leis­tungen zusam­men­zu­rechnen. Zu Letzteren gehört die Überlassung eines dienstlichen PKW zur privaten Nutzung. Der Wert beträgt 1 % des Listenpreises.

Geldwerter Vorteil kein Sachbezug

Keine Naturalleistung im Sinne der. vollstre­ckungs­recht­lichen Bestimmung stellt der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich ,03 % des Listenpreises für jeden Entfer­nungs­ki­lometer dar. Hierbei handelt es sich nicht um einen Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungs­kos­te­nabzug. Er ist daher bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850 e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einzubeziehen.

Pfändungs­grenzen nach Steuern und Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge zu ermitteln

Von dem - somit niedriger als vom Landes­a­r­beits­gericht angenommen - anzusetzenden Betrag sind gem. § 850 e Nr. 1 ZPO Steuern und Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge in Abzug zu bringen. Aus dem so ermittelten pfändbaren Einkommen sind sodann nach Maßgabe von § 850 c ZPO und der einschlägigen Pfändungs­frei­gren­zen­be­kannt­ma­chungen die Pfändungs­grenzen zu ermitteln. Dabei ist Abs. 6 dieser Regelung, wonach nach billigem Ermessen Einkünfte der unter­halts­be­rech­tigten Person (hier des Ehegatten) ganz oder teilweise berücksichtigt werden können, entsprechend anzuwenden. Nachdem das Landes­a­r­beits­gericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat und auch die für die Berechnung der Steuern und Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge erforderlichen Tatsachen vom Berufungs­gericht nicht festgestellt worden sind, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landes­a­r­beits­gericht zurück­zu­ver­weisen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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