Bundesarbeitsgericht Urteil06.07.2011
BAG zur sachlichen Reichweite einer vertraglichen BezugnahmeklauselFrühere Mitarbeiter der Deutschen Bundespost haben Anspruch auf Arbeitsbedingungen und Vergütung nach Tarifverträgen der Deutschen Telekom
Eine Bezugnahmeklausel, die auf die "Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost" und die sonstigen für sie geltenden Tarifverträge in der jeweiligen Fassungen verweist, kann nach ihrem Inhalt nicht dahingehend - erweiternd - ausgelegt werden, dass auch die Haustarifverträge von Tochterunternehmen erfasst werden, die die Deutsche Telekom AG lange Zeit nach Arbeitsvertragsschluss gegründet hat. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Im hiesigen Rechtsstreit war der nicht tarifgebundene Kläger seit dem Jahre 1980 bei der Deutschen Bundespost und seit der Umwandlung der Deutschen Bundespost in Aktiengesellschaften zum 01.01.1995 bei der Deutschen Telekom AG beschäftigt.
Nach Aufspaltung der Deutschen Bundespost Anwendung der Tarifverträge der Deutschen Telekom AG
Auf sein Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Verweisung die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost Anwendung. Nach der Aufspaltung der Deutschen Bundespost wurden im Arbeitsverhältnis die unter Beteiligung seiner neuen Arbeitgeberin, der Deutschen Telekom AG, geschlossenen Tarifverträge angewendet.
Seit Betriebsteilübergang Anwendung der Haustarifverträge der Beklagten Gesellschaft
Im Jahre 2007 gründete die Deutsche Telekom drei Gesellschaften, darunter u. a. die Beklagte. Auf diese ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsteilübergangs über. Die Beklagte wendet seither die von ihr geschlossenen Haustarifverträge auf das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis an. Der Kläger will festgestellt wissen, dass die tariflichen Regelungen der Deutschen Telekom AG mit dem Regelungsbestand zum Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs für sein Arbeitsverhältnis maßgebend sind.
Kläger bekommt vom BAG Recht
Die Klage war vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Die vertragliche Bezugnahmeklausel erfasste jedenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG, die im Wege der Tarifsukzession die Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost ersetzten. Hinsichtlich der Beklagten war eine solche Tarifsukzession unter Ablösung der bei der Deutschen Telekom AG geltenden Tarifverträge aber nicht gegeben.
Keine Auslegung der Bezugnahmeklausel als sog. Tarifwechselklausel gerechtfertigt
Es fehlte auch unter Berücksichtigung der Tarifanwendung bis zum Betriebsübergang auf die Beklagte an besonderen Umständen, die es erlaubt hätten, die Bezugnahmeklausel als sog. Tarifwechselklausel auszulegen. Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass es sich bei der Bezugnahmeklausel um eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Senatsrechtsprechung handelt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.07.2011
Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online