18.10.2024
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Dokument-Nr. 1483

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Urteil14.12.2005Bundesarbeitsgericht4 AZR 536/04 (Parallelverfahren 4 AZR 537-540/04)
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Bundesarbeitsgericht Urteil14.12.2005

Bezug­nah­me­klausel in einem vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Arbeitsvertrag (Gleich­stel­lung­s­asbrede)

Nach der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts ist die Bezugnahme in einem von dem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeits­ver­hältnis einschlägigen Tarifverträge regelmäßig eine Gleich­stel­lungs­abrede.

Sie soll die etwa fehlende Tarif­ge­bun­denheit des Arbeitnehmers ersetzen und zur schuld­recht­lichen Anwendung des Tarifvertrages auf das Arbeits­ver­hältnis führen, der für die tarifgebundenen Arbeitnehmer kraft Gesetzes gilt.

An dieser Auffassung hält der Senat für Bezug­nah­me­klauseln in vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Arbeits­ver­trägen fest. Er beabsichtigt jedoch, die Auslegungsregel nicht mehr auf arbeits­ver­tragliche Bezug­nah­me­klauseln anzuwenden, die mit In-Kraft-Treten des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setzes ab dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, dh. seit der Geltung der Unkla­r­hei­ten­re­gelung in § 305 c Abs. 2 BGB auch für Arbeitsverträge. Der Arbeitsvertrag, den die tarifgebundene Rechts­vor­gängerin der Beklagten mit der nicht tarifgebundenen Klägerin im Jahre 1988 abgeschlossen hatte, enthält die dynamische Verweisung auf den Bundes-Angestell­ten­ta­rif­vertrag (BAT). Zum 1. Juli 2002 ging der Betrieb auf die nicht tarifgebundene Beklagte über. Die Klägerin begehrt die Tariferhöhungen aus dem am 31. Januar 2003, dh. nach dem Betrie­bs­übergang, abgeschlossenen Vergü­tung­s­ta­rif­vertrag. Die vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossene Bezug­nah­me­klausel ist als Gleich­stel­lungs­abrede auszulegen. Danach wird bei dem Betrie­bs­übergang die Klägerin so gestellt wie ein tarifgebundener Arbeitnehmer. Bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer werden gem. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB die Rechtsnormen des beim Betrie­bs­übergang für das Arbeits­ver­hältnis tarif­ver­traglich geltenden BAT-Tarifwerkes Inhalt des Arbeits­ver­hält­nisses mit der Beklagten als neuer Inhaberin; der später in Kraft getretene VTV Nr. 35 wird davon nicht erfasst. Die gleichen Rechtsfolgen treten auf Grund der Gleich­stel­lungs­abrede für die nicht tarifgebundene Klägerin ein.

Erläuterungen
Vorinstanz: Landes­a­r­beits­gericht Niedersachsen, Urteil vom 27. August 2004 - 16 Sa 502/04 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 77/05 des BAG vom 14.12.2005

der Leitsatz

1. Für die Auslegung von arbeits­ver­trag­lichen Bezug­nah­me­klauseln in bis zum 31. Dezember 2001 abgeschlossenen Arbeits­ver­trägen ("Altverträge") gilt weiter die Auslegungsregel, wonach die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeits­ver­hältnis einschlägigen Tarifverträge regelmäßig als Gleich­stel­lungs­abrede auszulegen ist, also nur die Gleichstellung nicht tarifgebundener mit tarifgebundenen Arbeitnehmern bezweckt.

2. Der Senat beabsichtigt, diese Auslegungsregel nicht auf die ab dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträge anzuwenden.

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