23.11.2024
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Bundesarbeitsgericht Urteil19.07.2011

BAG zur Berechnung der insol­venz­ge­schützten Betrie­bs­ren­te­n­an­wart­schaftDie zeitratierliche Berechnung ist keine Alters­dis­kri­mi­nierung

Beginnt ein Arbeitnehmer im jüngeren Alter ein Arbeits­ver­hältnis, kann dies dazu führen, dass er bei gleicher Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit eine geringere geschützte Versor­gungs­an­wart­schaft hat, als ein Arbeitnehmer, der im höheren Alter begonnen hat. Diese Berechnung verstößt aber nicht gegen das unions­rechtliche Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Im hiesigen Fall ist die Klage eines Arbeitnehmers, der vom Pensi­ons­si­che­rungs­verein den Eintritt für eine höhere als die zeitratierlich berechnete Anwartschaft verlangt hat, vor dem Bundes­a­r­beits­gericht ebenso wenig erfolgreich wie in den Vorinstanzen.

Höhe der Betrie­bs­ren­te­n­an­wart­schaft in § 7 Abs. 2 BetrAVG geregelt:

Nach § 7 Abs. 2 des Betrie­bs­ren­ten­ge­setzes (BetrAVG) wird die Höhe der Betrie­bs­ren­te­n­an­wart­schaft, für die der Pensi­ons­si­che­rungs­verein bei Insolvenz des Arbeitgebers einzustehen hat, nach § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmt. Es kommt deshalb die gleiche Regelung zur Anwendung, die gilt, wenn festzustellen ist, wie hoch die gesetzlich unverfallbare Anwartschaft eines vor Eintritt des Versor­gungs­falles aus dem Arbeits­ver­hältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist. Insol­venz­ge­schützt ist daher der Anspruch, der dem Verhältnis der tatsächlichen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit bis zum Eintritt des Sicherungsfalls zur möglichen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit bis zur üblichen, "festen" Altersgrenze entspricht (zeitratierliche Berechnung). Das kann dazu führen, dass Arbeitnehmer, die in jüngerem Alter ein Arbeits­ver­hältnis begonnen haben, bei gleicher Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit eine geringere geschützte Versor­gungs­an­wart­schaft haben als solche, die es mit höherem Alter begonnen haben. Dieser Effekt kann z.B. eintreten, wenn die Versor­gungs­ordnung eine dienst­zeit­ab­hängige Berechnung der Betriebsrente mit einer Höchst­be­grenzung vorsieht.

Rechtmäßiges Ziel von Allge­mein­in­teresse rechtfertigt Ungleich­be­handlung

Der Dritte Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts hat entschieden, dass diese Berechnung nicht gegen das unions­rechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, wie es jetzt in Art. 21 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist, verstößt. Der Gesetzgeber durfte die Berechnung der insol­venz­ge­schützten Anwartschaft ebenso ausgestalten wie die Berechnung der gesetzlich unverfallbaren Versor­gungs­an­wart­schaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeits­ver­hältnis. Bei vorzeitigem Ausscheiden ist die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union scheidet eine unzulässige Ungleich­be­handlung jedenfalls aus, wenn die Ungleich­be­handlung durch ein rechtmäßiges Ziel von Allge­mein­in­teresse gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten haben dabei einen weiten Ermes­sens­spielraum, soweit das Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung nicht ausgehöhlt wird. Der Gesetzgeber war danach berechtigt, darauf abzustellen, dass betriebliche Alters­ver­sorgung als Gegenleistung für die gesamte mögliche Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit zwischen dem Beginn des Arbeits­ver­hält­nisses und der festen Altersgrenze angesehen wird. Dem entspricht die zeitratierliche Berechnung der Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden. Eine Aushöhlung des Verbots der Alters­dis­kri­mi­nierung ist damit nicht verbunden, da die jeweiligen Versor­gungs­ord­nungen ihrerseits dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters unterliegen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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