14.11.2024
14.11.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil19.07.2011

BAG zur Berechnung der insol­venz­ge­schützten Betrie­bs­ren­te­n­an­wart­schaftDie zeitratierliche Berechnung ist keine Alters­dis­kri­mi­nierung

Beginnt ein Arbeitnehmer im jüngeren Alter ein Arbeits­ver­hältnis, kann dies dazu führen, dass er bei gleicher Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit eine geringere geschützte Versor­gungs­an­wart­schaft hat, als ein Arbeitnehmer, der im höheren Alter begonnen hat. Diese Berechnung verstößt aber nicht gegen das unions­rechtliche Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Im hiesigen Fall ist die Klage eines Arbeitnehmers, der vom Pensi­ons­si­che­rungs­verein den Eintritt für eine höhere als die zeitratierlich berechnete Anwartschaft verlangt hat, vor dem Bundes­a­r­beits­gericht ebenso wenig erfolgreich wie in den Vorinstanzen.

Höhe der Betrie­bs­ren­te­n­an­wart­schaft in § 7 Abs. 2 BetrAVG geregelt:

Nach § 7 Abs. 2 des Betrie­bs­ren­ten­ge­setzes (BetrAVG) wird die Höhe der Betrie­bs­ren­te­n­an­wart­schaft, für die der Pensi­ons­si­che­rungs­verein bei Insolvenz des Arbeitgebers einzustehen hat, nach § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmt. Es kommt deshalb die gleiche Regelung zur Anwendung, die gilt, wenn festzustellen ist, wie hoch die gesetzlich unverfallbare Anwartschaft eines vor Eintritt des Versor­gungs­falles aus dem Arbeits­ver­hältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist. Insol­venz­ge­schützt ist daher der Anspruch, der dem Verhältnis der tatsächlichen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit bis zum Eintritt des Sicherungsfalls zur möglichen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit bis zur üblichen, "festen" Altersgrenze entspricht (zeitratierliche Berechnung). Das kann dazu führen, dass Arbeitnehmer, die in jüngerem Alter ein Arbeits­ver­hältnis begonnen haben, bei gleicher Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit eine geringere geschützte Versor­gungs­an­wart­schaft haben als solche, die es mit höherem Alter begonnen haben. Dieser Effekt kann z.B. eintreten, wenn die Versor­gungs­ordnung eine dienst­zeit­ab­hängige Berechnung der Betriebsrente mit einer Höchst­be­grenzung vorsieht.

Rechtmäßiges Ziel von Allge­mein­in­teresse rechtfertigt Ungleich­be­handlung

Der Dritte Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts hat entschieden, dass diese Berechnung nicht gegen das unions­rechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, wie es jetzt in Art. 21 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist, verstößt. Der Gesetzgeber durfte die Berechnung der insol­venz­ge­schützten Anwartschaft ebenso ausgestalten wie die Berechnung der gesetzlich unverfallbaren Versor­gungs­an­wart­schaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeits­ver­hältnis. Bei vorzeitigem Ausscheiden ist die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union scheidet eine unzulässige Ungleich­be­handlung jedenfalls aus, wenn die Ungleich­be­handlung durch ein rechtmäßiges Ziel von Allge­mein­in­teresse gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten haben dabei einen weiten Ermes­sens­spielraum, soweit das Verbot der Alters­dis­kri­mi­nierung nicht ausgehöhlt wird. Der Gesetzgeber war danach berechtigt, darauf abzustellen, dass betriebliche Alters­ver­sorgung als Gegenleistung für die gesamte mögliche Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit zwischen dem Beginn des Arbeits­ver­hält­nisses und der festen Altersgrenze angesehen wird. Dem entspricht die zeitratierliche Berechnung der Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden. Eine Aushöhlung des Verbots der Alters­dis­kri­mi­nierung ist damit nicht verbunden, da die jeweiligen Versor­gungs­ord­nungen ihrerseits dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters unterliegen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12115

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI