Dokument-Nr. 17956
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- NZA 2014, 250Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2014, Seite: 250
- Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil06.10.2011, 4 Ca 3895/07
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil24.09.2012, 9 Sa 1014/12
Bundesarbeitsgericht Urteil11.07.2013
Falsche Reisekostenabrechnung sowie unberechtigte Strafanzeige gegen Kollegen rechtfertigen grundsätzlich ordentliche Kündigung des ArbeitnehmersVorliegen einer erheblichen Pflichtverletzung durch Arbeitnehmer
Reicht ein Arbeitnehmer eine falsche Reisekostenabrechnung ein und erstattet er zu Unrecht eine Strafanzeige gegen einen Kollegen, verletzt er dadurch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich. Diese Pflichtverletzungen können eine ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einem Piloten wurde ordentlich gekündigt, da er angeblich eine falsche Reisekostenabrechnung eingereicht haben soll. Der Pilot wehrte sich gegen den Vorwurf damit, dass nicht er, sondern seine Freundin die Abrechnung ausgefüllt hatte. Er habe die Abrechnung auch nicht gelesen und unterschrieben. Er fühlte sich von seiner Arbeitgeberin hintergangen und erstattete daher gegen den Leiter Personal und Recht Strafanzeige. Er warf ihm unter anderem vor die Reisekostenabrechnung gefälscht zu haben. Aufgrund der Strafanzeige wurde der Pilot nochmals ordentlich gekündigt. Der Pilot war jedoch von der Berechtigung seiner Strafanzeige überzeugt und erhob daher gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht verneinten Wirksamkeit der Kündigungen
Sowohl das Arbeitsgericht Düsseldorf als auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hielten beide Kündigungen für unwirksam. Das Landesarbeitsgericht führte zur Begründung aus, dass die Einreichung einer falschen Reisekostenabrechnung zwar eine erhebliche Pflichtverletzung dargestellt habe. Der Pilot habe aber die Abrechnung nicht selbst ausgefüllt und diese auch nicht unterschrieben. Ihm habe daher keine vorsätzliche Pflichtverletzung angelastet werden können. Insofern hätte als milderes Mittel eine Abmahnung erfolgen müssen. Die zweite Kündigung wegen der Strafanzeige sei ebenso unwirksam gewesen. Zwar sei in der Erstattung der Strafanzeige eine schwerwiegende Pflichtverletzung zu sehen gewesen. Dennoch sei eine Weiterbeschäftigung des Piloten angesichts dessen, dass er von der Berechtigung der Vorwürfe ausging und seiner langen störungsfreien Betriebszugehörigkeit zumutbar gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberin Revision ein.
Bundesarbeitsgericht hielt vorsätzliche Falschabrechnung und somit Wirksamkeit der ersten Kündigung für möglich
Das Bundesarbeitsgericht beanstandete zwar nicht die Einschätzung des Landesarbeitsgerichts, dass der Pilot durch die falsche Reisekostenabrechnung eine erhebliche Pflichtverletzung begangen hatte. Es hielt aber entgegen des Landesarbeitsgerichts eine vorsätzliche Falschabrechnung zumindest für möglich. Denn wer eine Abrechnung einreicht, die er weder selbst ausgefüllt noch kontrolliert habe, müsse damit rechnen, dass es unzutreffende Angaben enthält. In einem solchen Fall könne ein Arbeitnehmer eine Täuschung und Schädigung seines Arbeitgebers zumindest billigend in Kauf nehmen. Ein vorsätzliches Handeln wäre somit gegeben. Für eine Abmahnung als milderes Mittel zur Bewirkung einer zukünftigen Vertragstreue wäre dann kein Raum mehr.
Aufhebung und Zurückweisung des Rechtsstreits
Da das Landesarbeitsgericht die oben genannten Umstände in seiner Entscheidung nicht berücksichtigte, hob das Bundesarbeitsgericht das Urteil auf und wies den Rechtsstreit zur Neuentscheidung zurück.
Unwirksamkeit der zweiten Kündigung bestätigt
Die zweite Kündigung sei aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts zu Recht als unwirksam erachtet worden. Zwar habe der Pilot durch die unberechtigte Strafanzeige eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen. Dennoch sei eine Weiterbeschäftigung des Piloten für die Arbeitgeberin zumutbar gewesen. Denn zu seinen Gunsten habe zum einen gesprochen, dass er vom Wahrheitsgehalt seiner Anschuldigungen überzeugt war. Zum anderen sei seine 14 Jahre andauernde störungsfreie Betriebszugehörigkeit positiv zu berücksichtigen gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.03.2014
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
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