15.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 17956

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Urteil11.07.2013Bundesarbeitsgericht2 AZR 994/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZA 2014, 250Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2014, Seite: 250
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil06.10.2011, 4 Ca 3895/07
  • Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil24.09.2012, 9 Sa 1014/12
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil11.07.2013

Falsche Reise­kosten­abrechnung sowie unberechtigte Strafanzeige gegen Kollegen rechtfertigen grundsätzlich ordentliche Kündigung des ArbeitnehmersVorliegen einer erheblichen Pflicht­ver­letzung durch Arbeitnehmer

Reicht ein Arbeitnehmer eine falsche Reise­kosten­abrechnung ein und erstattet er zu Unrecht eine Strafanzeige gegen einen Kollegen, verletzt er dadurch seine arbeits­vertraglichen Pflichten erheblich. Diese Pflicht­ver­let­zungen können eine ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einem Piloten wurde ordentlich gekündigt, da er angeblich eine falsche Reise­kos­te­n­a­b­rechnung eingereicht haben soll. Der Pilot wehrte sich gegen den Vorwurf damit, dass nicht er, sondern seine Freundin die Abrechnung ausgefüllt hatte. Er habe die Abrechnung auch nicht gelesen und unterschrieben. Er fühlte sich von seiner Arbeitgeberin hintergangen und erstattete daher gegen den Leiter Personal und Recht Strafanzeige. Er warf ihm unter anderem vor die Reise­kos­te­n­a­b­rechnung gefälscht zu haben. Aufgrund der Strafanzeige wurde der Pilot nochmals ordentlich gekündigt. Der Pilot war jedoch von der Berechtigung seiner Strafanzeige überzeugt und erhob daher gegen beide Kündigungen Kündi­gungs­schutzklage.

Arbeitsgericht und Landes­a­r­beits­gericht verneinten Wirksamkeit der Kündigungen

Sowohl das Arbeitsgericht Düsseldorf als auch das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf hielten beide Kündigungen für unwirksam. Das Landes­a­r­beits­gericht führte zur Begründung aus, dass die Einreichung einer falschen Reise­kos­te­n­a­b­rechnung zwar eine erhebliche Pflicht­ver­letzung dargestellt habe. Der Pilot habe aber die Abrechnung nicht selbst ausgefüllt und diese auch nicht unterschrieben. Ihm habe daher keine vorsätzliche Pflicht­ver­letzung angelastet werden können. Insofern hätte als milderes Mittel eine Abmahnung erfolgen müssen. Die zweite Kündigung wegen der Strafanzeige sei ebenso unwirksam gewesen. Zwar sei in der Erstattung der Strafanzeige eine schwerwiegende Pflicht­ver­letzung zu sehen gewesen. Dennoch sei eine Weiter­be­schäf­tigung des Piloten angesichts dessen, dass er von der Berechtigung der Vorwürfe ausging und seiner langen störungsfreien Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit zumutbar gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberin Revision ein.

Bundes­a­r­beits­gericht hielt vorsätzliche Falsch­a­b­rechnung und somit Wirksamkeit der ersten Kündigung für möglich

Das Bundes­a­r­beits­gericht beanstandete zwar nicht die Einschätzung des Landes­a­r­beits­ge­richts, dass der Pilot durch die falsche Reise­kos­te­n­a­b­rechnung eine erhebliche Pflicht­ver­letzung begangen hatte. Es hielt aber entgegen des Landes­a­r­beits­ge­richts eine vorsätzliche Falsch­a­b­rechnung zumindest für möglich. Denn wer eine Abrechnung einreicht, die er weder selbst ausgefüllt noch kontrolliert habe, müsse damit rechnen, dass es unzutreffende Angaben enthält. In einem solchen Fall könne ein Arbeitnehmer eine Täuschung und Schädigung seines Arbeitgebers zumindest billigend in Kauf nehmen. Ein vorsätzliches Handeln wäre somit gegeben. Für eine Abmahnung als milderes Mittel zur Bewirkung einer zukünftigen Vertragstreue wäre dann kein Raum mehr.

Aufhebung und Zurückweisung des Rechtsstreits

Da das Landes­a­r­beits­gericht die oben genannten Umstände in seiner Entscheidung nicht berücksichtigte, hob das Bundes­a­r­beits­gericht das Urteil auf und wies den Rechtsstreit zur Neuentscheidung zurück.

Unwirksamkeit der zweiten Kündigung bestätigt

Die zweite Kündigung sei aus Sicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts zu Recht als unwirksam erachtet worden. Zwar habe der Pilot durch die unberechtigte Strafanzeige eine schwerwiegende Pflicht­ver­letzung begangen. Dennoch sei eine Weiter­be­schäf­tigung des Piloten für die Arbeitgeberin zumutbar gewesen. Denn zu seinen Gunsten habe zum einen gesprochen, dass er vom Wahrheitsgehalt seiner Anschuldigungen überzeugt war. Zum anderen sei seine 14 Jahre andauernde störungsfreie Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit positiv zu berücksichtigen gewesen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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