14.12.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 33210

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Urteil24.08.2023Bundesarbeitsgericht2 AZR 17/23
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil19.12.2022, 15 Sa 284/22
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil24.08.2023

Kündigung wegen Äußerungen in einer WhatsApp Chatgruppe möglichBeleidigung in Chatgruppe rechtfertigt Kündigung

Ein Arbeitnehmer, der sich in einer aus sieben Mitgliedern bestehenden privaten Chatgruppe in stark beleidigender, rassistischer, sexistischer und zu Gewalt aufstachelnder Weise über Vorgesetzte und andere Kollegen äußert, kann sich gegen eine dies zum Anlass nehmende außer­or­dentliche Kündigung seines Arbeits­verhältnisses nur im Ausnahmefall auf eine berechtigte Vertrau­lichkeits­erwartung berufen.

Der bei der Beklagten beschäftigte Kläger gehörte seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Im November 2020 wurde ein ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppen­mit­glieder waren nach den Feststellungen der Vorinstanz „langjährig befreundet“, zwei miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Kläger - wie auch mehrere andere Gruppen­mit­glieder - in beleidigender und menschen­ver­ach­tender Weise u.a. über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Nachdem die Beklagte hiervon zufällig Kenntnis erhielt, kündigte sie das Arbeits­ver­hältnis des Klägers außerordentlich fristlos. Beide Vorinstanzen haben der vom Kläger erhobenen Kündi­gungs­schutzklage stattgegeben.

BAG präzisiert Anforderungen an berechtigte Vertrau­lich­keits­er­wartung

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundes­a­r­beits­gericht Erfolg. Das Berufungs­gericht hat rechts­feh­lerhaft eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung des Klägers betreffend der ihm vorgeworfenen Äußerungen angenommen und das Vorliegen eines Kündi­gungs­grundes verneint. Eine Vertrau­lich­keits­er­wartung ist nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persön­lich­keits­recht­lichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten - wie vorliegend - beleidigende und menschen­ver­achtende Äußerungen über Betrie­b­s­an­ge­hörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.

BAG hebt Berufungsurteil auf und verweist den Prozess an das LAG Niedersachsen zurück

Das Bundes­a­r­beits­gericht hat das Berufungsurteil insoweit aufgehoben und die Sache an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen. Dieses wird dem Kläger Gelegenheit für die ihm obliegende Darlegung geben, warum er angesichts der Größe der Chatgruppe, ihrer geänderten Zusammensetzung, der unter­schied­lichen Beteiligung der Gruppen­mit­glieder an den Chats und der Nutzung eines auf schnelle Weiterleitung von Äußerungen angelegten Mediums eine berechtigte Vertrau­lich­keits­er­wartung haben durfte.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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