21.11.2024
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Amtsgericht Münster Urteil10.09.2014

Arglistige Täuschung von Kunden durch die Bank über die Möglichkeit zur vorzeitigen Kündigung eines Darle­hens­ver­tragesBank erweckt bei Kunden irrtümlichen Eindruck, dass Vertrags­kün­digung nur mit Zustimmung der Bank erfolgen kann

Erweckt eine Bank bei einem Kunden den Irrtum, dass er sich nicht einseitig, sondern nur mit ihrer Zustimmung aus dem Darle­hens­vertrag lösen kann, kann dies eine arglistige Täuschung sein. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Streitfall schloss ein Ehepaar aus Oer-Erkenschwick bei einer Bank mit Sitz in München am 13. Oktober 2008 einen Darlehensvertrag über 105.000 Euro zur Finanzierung einer Immobilie ab. Das Darlehen hatte eine Zinsbindung bis 31. Januar 2019. Das Ehepaar kündigte den Darle­hens­vertrag vorzeitig im Jahr 2010, da es die Immobilie wegen ihres Umzugs verkaufen wollte.

Bank verlangt für vorzeitige Kündigung des Darle­hens­vertrags Schadensersatz

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2010 richtete sich die beklagte Bank wie folgt an die Kläger: "Mit der von Ihnen gewünschten außer­plan­mäßigen Rückzahlung sind wir grundsätzlich einverstanden, soweit uns der dadurch entstehende Schaden ersetzt wird. Den Schaden haben wir entsprechend den Vorgaben der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung ermittelt und in der beigefügten Rückzah­lungs­auf­stellung ausgewiesen. Bitte senden Sie uns innerhalb von 10 Tagen ab Datum dieses Schreibens eine vollständig unterzeichnete Ausfertigung der ebenfalls beigefügten Vereinbarung zurück."

Diesem Schreiben war die Vereinbarung über die Rückzahlung vom 18. Oktober 2010 beigefügt, die die Beklagten unterschrieben zurücksandten. Darin wird u.a. vereinbart, dass für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die Wieder­an­la­ge­renditen vom 6. Oktober 2010 maßgebend sein sollen, wenn der Rückzah­lungs­betrag bis 29. Dezember 2010 bei der Bank eingeht. Die Bank berechnete Euro 16.465,95 Vorfäl­lig­keits­ge­bühren und Euro 200 Bearbei­tungs­ge­bühren.

Bank berechnet Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung nicht mit Renditen am Tag der tatsächlichen Rückzahlung

Am 3. Dezember 2010 zahlten die Kläger Darlehen samt Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung, weiterer Kosten und Zinsen in Höhe von 119.764,50 Euro zurück. Die Bank hat verein­ba­rungsgemäß die Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung mit dem Zinsniveau am 6. Oktober 10 berechnet und nicht mit den Renditen am Tag der tatsächlichen Rückzahlung (3. Dezember 2010), an dem das Zinsniveau höher war.

Bei Berechnung der Vor­fälligkeits­ent­schädigung ist Tag der tatsächlichen Rückzahlung maßgeblich

Im März 2010 informierte die Verbrau­cher­zentrale Bremen das Ehepaar, dass sie 4.687,35 Euro zu viel bezahlt haben. Die Differenz errechnet sich insbesondere daraus, dass üblicherweise für die Berechnung der Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung der Tag der tatsächlichen Rückzahlung maßgeblich ist. Die Vereinbarung vom 18. Oktober 2010, die die Bank dem Ehepaar zur Unterschrift vorgelegt hat, legte jedoch als Berech­nungs­zeitpunkt für die Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung den 6. Oktober 2010 fest.

Kläger verlangen zu viel bezahlte Beträge von der Bank erstattet

Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 ließ das Ehepaar die Vereinbarung über die Rückzahlung vom 18. Oktober 2010 anfechten und verlangten die zu viel bezahlten Euro 4.687,35 von der Bank zurück.

Bank verweigert Rückzahlung

Diese weigerte sich, den Betrag zurückzuzahlen. Die Bank ist der Meinung, dass die Vereinbarung wirksam ist und keine Anfech­tungs­gründe bestehen.

Vereinbarung kann wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten werden

Das Ehepaar erhob Klage vor dem Amtsgericht München und bekam Recht. Das Gericht verurteilte die Bank auf Rückzahlung von Euro 4.687,35. Denn die Vereinbarung sei wirksam wegen arglistiger Täuschung des Ehepaars durch die Bank angefochten worden.

Kläger wurden durch Verhalten der Bank arglistig getäuscht

Das Gericht stellt fest, dass die Bank durch ihr Verhalten das Ehepaar arglistig getäuscht hat. Denn in dem Schreiben vom 18. Oktober 2010 hat die Bank dem Ehepaar mitgeteilt, dass sie nur dann mit der vorzeitigen Vertrags­auf­lösung einverstanden sei, wenn die Kläger die Vereinbarung mit der Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung unterschreiben. Dieses Schreiben hat dazu geführt, dass die Kläger irrtümlich davon ausgingen, dass sie sich nicht einseitig, sondern nur mit Zustimmung der Bank von dem Vertrag lösen konnten. Nach der tatsächlichen Rechts- und Gesetzeslage hätte sich das Ehepaar auch einseitig vom Vertrag lösen können (§ 490 Absatz 2 BGB). Daher stelle dieses Verhalten der Bank eine Täuschung im Sinne von § 123 BGB dar. Die Frage, die in der juristischen Fachliteratur kontrovers diskutiert wird, ob die Bank aufgrund ihrer besonderen Sachkunde und des bestehenden Vertrags­ver­hält­nisses sogar gehalten gewesen wäre, das Ehepaar ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Fall des Verkaufs der Immobilie der Darle­hens­vertrag einseitig gekündigt werden kann, war für das Gericht nicht mehr entschei­dungs­er­heblich.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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