18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Ausrüstung eines Polizisten.

Dokument-Nr. 29854

Drucken
Urteil28.01.2021Amtsgericht München812 Ls 251 Js 191258/20
ergänzende Informationen

Amtsgericht München Urteil28.01.2021

Vielfache Logiskosten- und Zechprellerei führt zu Haft- bzw. Bewäh­rungs­strafeGeständnis und Unter­su­chungshaft haben strafmildernder Wirkung

Das Amtsgericht München verurteilte eine 63jährige Journalistin A und deren 60jährige "Stiefpflege­schwester" B wegen gemein­schaftlich begangenen Betrugs in fünfzehn Fällen, Urkun­den­fäl­schung in dreizehn Fällen und der Unterschlagung in drei Fällen, im Falle der A zu einer Vollzugsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten und im Falle der B zu einer Bewäh­rungs­strafe von einem Jahr und vier Monaten, ordnete gesamt­s­chuld­nerisch die Zahlung von 8.937 Euro an Wertersatz sowie die Haftentlassung der B an.

Beide Angeklagte, gegen die im Januar 2020 Haftbefehl erlassen worden war, hatten sich seit ihrer Ergreifung in Unter­su­chungshaft befunden. Die Angeklagten räumten die ihnen vorgeworfenen Taten unumwunden ein. In zwei Fällen im März 2019, und dann in lückenloser Folge in dreizehn Fällen von 17.08. mit 1.11.2019 quartierten sie sich unter wechselnden Personalien u.a. von Freundinnen und Bekannten für ein bis vierzehn Übernachtungen mit Bewirtung in Ferienwohnungen, Pensionen, Gasthöfen und Hotels ein, die sie jeweils heimlich ohne Bezahlung verließen. Die Kosten pro Nacht lagen dabei zwischen 146 Euro und gut 300 Euro. Der Gesamtschaden betrug 8.937 Euro. Sie gaben an, die Route zwischen den einzelnen Stationen, im Frühjahr Germering und Feldafing, im Herbst Hausham, Kreuth, Gmund am Tegernsee, Krün, Steingaden, Bad Bayersoien, Oberau, Garmisch-Partenkirchen, Kochel, Bad Tölz, Bad Heilbrunn, Dietramszell und Schongau, mit ihrem Hund jeweils zu Fuß bewältigt zu haben. Die Angeklagten kannten sich aus ihrer Kindheit in München, bei der das damalige Heimkind B an Wochenenden und in den Ferien als Pflegekind in der Familie der A Aufnahme gefunden hatte.

Tatgeständnis der Angeklagten

Die seit den späten 90iger Jahren vielfach einschlägig vorbestrafte und insgesamt über mehr als zehn Jahre inhaftierte A gab an, Anfang der 90iger Jahre Kind und Partner durch einen Verkehrsunfall verloren zu haben. Sie sei nach ihrer letzten Haftentlassung Ende 2017 nach Südeuropa ausgewandert, von wo sie auf Bitten der Angeklagten B Anfang 2019 nach Deutschland zurückgekehrt sei, um diese vor nicht näher beschriebener Verfolgung zu schützen. "Ich räume ein, dass es zu den Einmietungen gekommen ist. Hintergrund ist, ich kam dazu, weil ich meiner Pflegeschwester zur Hilfe geeilt bin. Es tut mir wahnsinnig leid. Man sieht manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wir sind wahnsinnig viele Kilometer zu Fuß gelaufen, wir haben uns zeitweise im Wald versteckt. Wir haben uns nicht getraut, meine Angehörigen zu kontaktieren. Ich trage die Schuld und die Strafe."

Geständnis und Unter­su­chungshaft der Angeklagten strafmildernd

Die Vorsitzende Richterin begründete das von ihr und den beiden Schöffinnen getroffene Urteil unter anderem so: "Zu Gunsten beider Angeklagten war ihr Geständnis erheblich zu werten. Zwar wären die Angeklagten voraussichtlich auch im Rahmen der Beweisaufnahme überführt worden, allerdings wurde so dreizehn Zeugen zur Zeit der Corona-Pandemie und des Lockdowns Anreise und Aussage erspart. Des Weiteren ist zu Gunsten beider Angeklagter zu sehen, dass sie sich bereits seit 8,5 Monaten in Unter­su­chungshaft befinden. Andererseits war die Haft aufgrund der coronabedingten Einschränkungen für beide besonders empfindlich und es handelte sich um die erste Hafterfahrung der Angeklagten B. Zeitlich sind die Taten auch 1,5 Jahre her.

Trotz dilettantischer Vorgehensweise spricht gewerbsmäßige Begehung der Betrugstaten sowie der Urkun­den­fäl­schungen gegen die Angeklagten

Gegen die Angeklagten spricht hingegen die gewerbsmäßige Begehung der Betrugstaten sowie der Urkun­den­fäl­schungen und die tateinheitliche Begehung. Auch ist ihr Vorgehen als äußerst dreist zu beschreiben. Zwar war die Vorgehensweise dilettantisch, da die Angeklagten zum Teil Namen von Bekannten benutzten, jeweils unverkleidet und in Begleitung eines auffälligen Hundes auftraten. Andererseits hielten sie sich zwischen Mitte August und November 2019 fast vollständig in Hotels auf. Hierbei handelte es sich auch nicht um die günstigsten Unterkünfte, sondern sie wählten regelmäßig einen gewissen Standard. Dort wurden darüber hinaus auch Getränke und Speisen verzehrt. Letztlich ist der Gesamtschaden zwar vergleichsweise gering ausgefallen mit 8.937,-- Euro, andererseits dürften die Einzelbeträge zwischen 146,-- Euro und 1.581,-- Euro für die Hoteliers doch jeweils von Bedeutung gewesen sein, da sie andernfalls auch keine Strafanzeige erstattet hätten." Hinsichtlich der Angeklagten B, die lediglich geringfügig vorbestraft ist, setzte das Schöffengericht die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, da bei ihr nach erstmaligem und langem Hafteindruck angenommen werden könne, dass sie keine Straftaten mehr begehen werde.

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/aw)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil29854

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI