21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil29.08.2018

Wohnungs­ei­gentümer dürfen Terrasse nicht ohne Zustimmung der Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft eigenmächtig vergrößernSteinterrasse der Wohnung ist auf das im Grundrissplan angegebene Ausmaß zurückzubauen

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass eine Steinterrasse, die ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer vergrößert wurde, wieder entfernt und auf das im Grundrissplan angegebene Ausmaß zurückgebaut werden muss.

Das beklagte Ehepaar des zugrunde liegenden Streitfalls ist als Eigentümer einer Erdge­schoss­wohnung Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnung verfügt über eine Terrasse, an der den Beklagten ein Sonder­nut­zungsrecht zusteht. Die Terrassengröße beträgt nach dem Grundrissplan 5,93 m². Die Beklagten verdoppelten im Frühjahr 2015 die Terrassengröße auf 12 m². In der Eigen­tü­mer­ver­sammlung vom 6. Juni 2016 wurde mehrheitlich beschlossen im Namen der Gemeinschaft den Rückbau zu verlangen. Der Rückbau­auf­for­derung der Verwaltung kamen die Beklagten nicht nach.

Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft hält Terrassenausbau als bauliche Veränderung für unzulässig

Die Klagepartei war der Meinung, dass es sich bei der Terras­sen­ver­grö­ßerung um eine bauliche Veränderung handele, von der eine optische Beein­träch­tigung ausgehe. Die Terrasse sei aus jedem Fenster der darüber liegenden Stock­werks­woh­nungen zu sehen. Außerdem sei eine extensivere Nutzung und damit auch eine höhere Beein­träch­tigung der Miteigentümer durch Lärm, Grillen, o.ä. zu erwarten. Das Sonder­nut­zungsrecht bedinge keinen Anspruch auf Vergrößerung der bauseits vorhandenen Terrasse. Selbst wenn andere, ebenfalls ungenehmigte bauliche Veränderungen in der Anlage vorhanden wären, würde dies nicht zur Zulässigkeit der streit­ge­gen­ständ­lichen Terras­sen­ver­grö­ßerung führen.

Beklagte verweisen auf nicht beanstandete bauliche Änderungen anderer Miteigentümer

Die beklagte Partei meinte, dass ein Rückbauanspruch nicht bestehe. Die Terrasse sei nicht einsehbar, es sei deswegen auch nicht zu erkennen, wodurch die Miteigentümer gestört werden sollten. Auch andere Miteigentümer hätten bauliche Maßnahmen, wie Anbauten zum Unterstellen von Fahrrädern, zusätzliche Terras­sen­über­da­chungen, Terras­se­n­er­wei­te­rungen, Errichtung von Sichtschutz-Vorrichtungen an ihren Terrassen vorgenommen. In der Anlage seien auch zahlreiche Satel­li­ten­schüsseln angebracht worden. Die Klägerin sei gegen keine dieser baulichen Maßnahmen bislang vorgegangen.

Zulässigkeit der baulichen Veränderung setzt Zustimmung aller Wohnungs­ei­gentümer voraus

Das Amtsgericht München gab der klagenden Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft Recht. Für die Zulässigkeit dieser baulichen Veränderung sei die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Die Vergrößerung einer Terrasse ermögliche eine intensivere Nutzung des Gemein­schafts­ei­gentums und könne zu Lärmemissionen führen. Insoweit stelle bereits die Gefahr einer intensiveren Nutzung des Gemein­schafts­ei­gentums, an dem den Beklagten hinsichtlich der Terrassen- und Gartenflächen ein Sonder­nut­zungsrecht zusteht, eine nicht hinzunehmende Beein­träch­tigung dar. Darauf, ob eine solche Nutzung derzeit stattfinde oder beabsichtigt sei, komme es nicht an (BayObLG, Beschluss v. 02. 06. 1999, Az. 2Z BR 15/99).

AG bejaht Vorliegen einer optischen Beein­träch­tigung

Weiter liege auch eine optische Beein­träch­tigung vor. Ein nicht hinzunehmender optischer Nachteil liege bei Veränderungen vor, die sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild der Wohnanlage auswirken. Entscheidend sei, ob sich nach der Verkehrs­an­schauung ein Wohnungs­ei­gentümer in der entsprechenden Lage verständ­li­cherweise beeinträchtigt fühlen könne. Bei der Beurteilung sei ein strenger Maßstab anzulegen, um die grundrechtlich aus Artikel 14 GG geschützten Interessen aller Eigentümer an der Beibehaltung des äußeren Erschei­nungs­bildes angemessen zu berücksichtigen. Infolgedessen sei eine erhebliche Beein­träch­tigung regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn eine erhebliche Veränderung des äußeren Erschei­nungs­bildes vorliege. Für die Beurteilung des Nachteils sei dabei allein maßgeblich, ob die Veränderung generell von außen her wahrnehmbar sei. Bereits aus dem aussa­ge­kräftigen Lichtbild ergebe sich, dass die streit­ge­gen­ständliche Terrasse jedenfalls von den darüber liegenden Balkonen ohne weiteres einsehbar sei.

Ungleich­be­handlung gegenüber anderen Miteigentümern ist hinzunehmen

Der Einwand der Beklagten, dass auch weitere Terrassen baulich umgestaltet worden seien, sei nicht entscheidend, weil auch im Wohnungs­ei­gen­tumsrecht der Grundsatz "keine Gleichheit im Unrecht" gelte. Ein Wohnungs­ei­gentümer könne deshalb nicht verlangen, ebenfalls einen unrechtmäßigen Vorteil zu erhalten. Die beein­träch­tigten Wohnungs­ei­gentümer seien nicht verpflichtet, gegen alle Störer gleichmäßig vorzugehen.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm)

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