Dokument-Nr. 25341
Permalink https://urteile.news/
- Wurzeleinwuchs in Abwasserkanälen: Eigentümer von Grundstücken mit Baumbestand haften nur unter besonderen Umständen für RückstauschädenBundesgerichtshof, Urteil24.08.2017, III ZR 574/16
- Fällen eines den Garten einer Wohneigentumsanlage prägenden Baumes stellt bauliche Veränderung darLandgericht Berlin, Urteil02.02.2016, 53 S 69/15
Amtsgericht München Urteil28.06.2017
Bäume stehen grundsätzlich im Gemeinschaftseigentum einer WohnungseigentümergemeinschaftKlagen auf Rückschnitt oder Fällung von Bäumen müssen gegen gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht nur gegen einzelne Eigentümer erhoben werden
Enthält die Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft keine eindeutig anderslautende Erklärung, stehen Bäume im Gemeinschaftseigentum der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies entschied das Amtsgericht München und wies damit eine Klage auf Entfernung bzw. hilfsweise auf Rückschnitt eines Wildkirschbaums ab, da die Klage nur gegen einen anderen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht aber gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt erhoben worden war.
Die Klägerin und die Beklagte des zugrunde liegenden Streitfalls sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Münchner Osten. Beide verfügen über das Sondernutzungsrecht direkt aneinander grenzender Gartenanteile. Auf der Sondernutzungsfläche der Beklagten steht etwa ca. 50 cm neben der beiderseitigen Grenze eine etwa 12 m hohe Wildkirsche (prunus aviae). Die Äste des vor 20 Jahren in Übereinstimmung mit den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Plänen gepflanzten Baumes überragen die Grenze zum Gartenanteil der Klägerin. Anträge der Klägerin auf Fällung des Vogelkirschbaumes wurden im März und Mai 2017 von der Landeshauptstadt München als untere Naturschutzbehörde abgelehnt und zuletzt lediglich eine Kroneneinkürzung im Feinastbereich bis max. 1 m zur Ostseite und max. ,5 m zur Südseite bei Reduzierung des Kronenvolumens bis max. 25 % genehmigt
Beklagte verweist auf Pflicht zur Klageerhebung gegen gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Fällung, hilfsweise den Rückschnitt des Baumes. Die Wildkirsche sei von Schädlingen, insbesondere von mehreren ansteckenden Pilzerkrankungen befallen und leide an der Baumkrankheit Nectria qualligena (Krebs). Die Krankheit breite sich auf Pflanzen der Klägerin aus. Die Beklagten berufen sich darauf, dass sich die Klage richtigerweise gegen die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft richten müsse.
In der Teilungserklärung ist festgelegt, dass "die behördlich geforderten Bäume [...] auf den Gemeinschaftsflächen" von den Eigentümern "nach Miteigentumsanteilen" zu "zahlen" sind. Im Anschluss daran heißt es, "die gärtnerische Gestaltung der Sondernutzungsfläche geht zu Lasten des jeweiligen Sondernutzungsberechtigten".
Auch Kosten der Baumpflege sind von allen Eigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen
Das Amtsgericht München gab der Beklagten Recht. Zwar könnten die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums und zur Kostentragung hierfür einzelnen Wohnungseigentümern auferlegen. Allerdings erfordere dies eine klare und eindeutige Regelung; im Zweifel verbleibe es bei der gesetzlichen Zuständigkeit. Dass die behördlich geforderten Bäume auf den Gemeinschaftsflächen von den Eigentümern nach Miteigentumsanteilen zu zahlen seien, spreche nach Auffassung des Gerichts vielmehr dafür, dass nicht nur die Pflanzkosten, sondern auch die Kosten der Baumpflege von allen Eigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen seien und es auch bei deren Pflicht (und Recht) zur Entscheidung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung verbleibe.
Bäume müssen nicht auf eigene Kosten instandgehalten bzw. instandgesetzt werden
Das in der Teilungsordnung dann weiter festgelegte Recht zur Gartengestaltung, also etwa die Auswahl der Bepflanzung, das Anlegen von Beeten etc., beinhalte keine Pflicht, die im Gemeinschaftseigentum stehenden, vom Freiflächengestaltungsplan der Stadt München vorgesehenen und damit behördlich geforderten Bäume auf eigene Kosten instand zu halten bzw. instand zu setzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.01.2018
Quelle: Amtsgericht München/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil25341
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.