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- ZMR 2015, 140Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2015, Seite: 140
- Bundesverfassungsgericht: Wohnungseigentümergemeinschaft kann lautstarkem Besucher kein generelles Hausverbot erteilenBundesverfassungsgericht, Beschluss06.10.2009, 2 BvR 693/09
- GEZ-Mitarbeitern kann zeitlich unbefristetes Hausverbot erteilt werden - Einfaches Schreiben an GEZ genügtAmtsgericht Bremen-Blumenthal, Urteil23.08.2010, 42 c 43/10
Amtsgericht München Urteil16.09.2013
Vermieter darf Dritten Hausverbot erteilen sofern kein Mieter diesem widerspricht oder Besuch des Dritten explizit wünschtBei ausbleibendem Widerspruch stellt Hausverbot keine Verletzung des Mietvertrags dar
Das Hausverbot eines Eigentümers gegenüber einer dritten Person ist wirksam, wenn kein konkreter Mieter den Besuch wünscht und dem Hausverbot widerspricht.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist eine große bayerische Immobiliengesellschaft mit Sitz in München. Sie ist Eigentümerin und Vermieterin von Wohnungen in einem größeren Gebäudekomplex in München-Bogenhausen mit 16 Stockwerken. Sie hat dort mit Vertrag vom 1. Juli 2009 ein Büro zum Betrieb einer Unternehmensberatung an den Bruder des Beklagten vermietet. Beide sind arabischer Herkunft.
Sachverhalt
Die Klägerin erteilte dem Beklagten mit Schreiben vom 18. April 2013 ein Hausverbot für das 2. bis 9., das 11. sowie das 13. bis 16. Stockwerk in dem Gebäude. Das Hausverbot wurde ausgesprochen, weil angeblich der Beklagte die Büroräume seines Bruders nutzt, um selbst in Konkurrenz zur Klägerin fünf Wohnungen im Gebäude unterzuvermieten und um neue Wohnungen "anzuwerben". Die Klägerin wirft ihm vor, gezielt Wohnungsmieter des Gebäudes anzusprechen, sie sogar dabei zu bedrohen, zu beschimpfen und einzuschüchtern, um sie dazu zu bringen, ihre Wohnungen durch den Beklagten an Besucher aus dem arabischen Raum untervermieten zu lassen. Die Wohnungen würde er ohne Erlaubnis der Klägerin unter anderem an ausländische Besucher weitervermieten, die zum Beispiel zum Zweck einer ärztlichen Behandlung mit Angehörigen nach München reisen. Die Wohnungen haben eine Größe von circa 50 bis 65 Quadratmeter und werden nur für kurze Zeiträume von meist wenigen Tagen quasi als Hotelzimmer bzw. Ferienapartments teilweise von Familien mit mehreren Kindern benutzt. Alle Wohnungen befinden sich in einem Gebäudeteil, der nur von langfristigen Mietern bewohnt ist.
Vermieter erteilt Bruder des Mieters Hausverbot
Um das Verhalten des Beklagten für die Zukunft zu unterbinden, erteilte die Vermieterin dem Beklagten, also dem Bruder des Mieters des Büros, ein Hausverbot für einzelne Stockwerke und erhob Klage vor dem Amtsgericht München mit dem Antrag, dem Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten das Betreten der Stockwerke zu untersagen.
Beklagter wirft Vermieter diskriminierendes Verhalten vor
Der Beklagte hingegen trägt vor, er nehme rechtliche und wirtschaftliche Interessen der Staatsbürger aus dem arabischen Raum wahr. Er helfe Personen aus arabischen Ländern durch Übersetzungen und sei tätig im Gesundheits-, Tourismus- und sonstigem kaufmännischen Management. Das Verhalten der Klägerin sei diskriminierend gegenüber Bürgern aus dem arabischen Raum. Er habe mit Dritten keine Mietverträge bezüglich Wohnungen abgeschlossen, die von der Klägerin vermietet wurden.
Amtsgericht erklärt Hausverbot für wirksam
Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab nun der Vermieterin Recht. Das erteilte Hausverbot in Bezug auf die genannten Stockwerke, in denen sich die Wohnungen befinden, ist wirksam. Grundsätzlich hat jeder Eigentümer das Recht, einem Dritten das Betreten des Eigentums zu verbieten. Durch die Vermietung der Wohnungen hat die Klägerin jedoch ihr Eigentumsrecht eingeschränkt, denn jeder Mieter hat das Recht, jederzeit Besuch zu empfangen. Gegenüber sonstigen Dritten steht es der Eigentümerin frei, ein Hausverbot auszusprechen, solange nicht ein Mieter gegenüber der Vermieterin geltend macht, dass er diese Person empfangen will.
Erteilung eines Hausverbots stellt grundsätzlich gesehen unzulässigen Eingriff in Mieterrechte dar
Das Gericht stellt fest, dass das Besuchsrecht zum Kern des Nutzungsrechtes an der Wohnung gehört und der Mieter eigenverantwortlich bestimmt, wem er den Zutritt zu seiner Wohnung gewähren will und wem nicht. Deshalb greift ein Vermieter unzulässig in die Mieterrechte ein, wenn er ohne sachlichen Grund einem Besucher eines Mieters Hausverbot erteilt.
Mieter wünschen keinen Besuch des Beklagten: AG verneint Verletzung des Mietvertrages aufgrund des Hausverbots
Das Gericht hat der Klägerin Recht gegeben, weil der Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass einzelne konkrete Mieter aus dem Haus einen Besuch von ihm wünschen und damit dem Hausverbot widersprechen. Das Hausverbot gegenüber dem Beklagten wäre nur dann unwirksam, wenn der Beklagte Besuche für einen Mieters plant bzw. ein Mieter seinen Besuch wünscht und der Mieter der Vermieterin mitteilt, dass er den Beklagten in der Wohnung empfangen will , solange dadurch der Hausfrieden nicht gestört wird. Es ist notwendig, dass ein Mieter gegenüber der Vermieterin den Wunsch äußert, einen bestimmten Besuch zu empfangen, weil für die Vermieterin des Mehrfamilienhauses nicht absehbar ist, welche Personen als Besucher von bestimmten Mietern in Betracht kommen. Solange der Mieter einverstanden ist mit dem Hausverbot, liege keine Verletzung des Mietvertrages vor.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.11.2014
Quelle: Amtsgericht München/ra-online
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