Im zugrunde liegenden Fall begab sich Anfang Dezember 2010 eine Kundin in einen Supermarkt, um Einkäufe zu erledigen. In einem Flur des Geschäftes befand sich eine Flaschenpyramide. Als die Kundin hieraus eine Flasche Rum entnahm, schnitt sie sich in den Mittelfinger der rechten Hand. Der Flaschenhals war nämlich, was die Kundin vorher nicht bemerkt hatte, zerbrochen.
Die Kundin wandte sich an den Supermarktbetreiber und verlangte Schadenersatz und Schmerzensgeld. Schließlich habe die Wunde die ganze Nacht geblutet und 2 bis 3 Wochen zur Heilung gebraucht. Sie habe unter starken Schmerzen gelitten und keine Hausarbeiten erledigen können, weshalb sie eine Haushaltshilfe beschäftigt habe. Für diese seien Kosten in Höhe von 860 Euro angefallen. Außerdem sei ein Schmerzensgeld von mindestens 1.000 Euro angemessen. Schließlich habe der Ladenbesitzer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Seine Angestellten hätten den Schaden entweder beim Aufstellen der Pyramide nicht bemerkt oder deren Kontrolle unterlassen.
Der Ladenbesitzer weigerte sich aber zu zahlen. Er habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Die Kundin erhob daraufhin Klage vor dem Amtsgericht München.
Die zuständige Richterin wies diese jedoch ab. Eine Verkehrssicherungsverletzung liege nicht vor. Zwar obliege demjenigen, der ein Geschäftslokal eröffne eine allgemeine Rechtspflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um eine Schädigung der Kunden zu verhindern. Dabei müsse dieser aber nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügten diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar waren. Erforderlich seien dabei die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger des betroffenen Verkehrskreises für notwendig und ausreichend haltend darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Dabei sei auch immer die wirtschaftliche Zumutbarkeit zu berücksichtigen.
Eine Gefahrenquelle führe erst dann zu einer Haftung, sobald sich aus ihr vorausschauend für einen sachkundig Urteilenden die nahe liegende Gefahr ergäbe, dass andere verletzt werden könnten. Dies sei hier nicht der Fall. Auch die Kundin selbst habe beim Herausnehmen der Flasche nicht erkennen können, dass diese beschädigt war. Dies müsse dann auch für den Ladenbesitzer gelten, der nicht damit rechnen musste, dass sich eine unbemerkt zerbrochene Flasche in der Pyramide befindet. Eine Gefährdungshaftung eines Geschäftsinhabers oder ein Einstehen müssen für jeglichen Schaden, den ein Kunde in einem Geschäftslokal erleidet, sei vom Gesetz nicht vorgesehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.11.2012
Quelle: Amtsgericht München/ra-online